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Ein ungewöhnlicher Geburtstag

Der Anfang

Der August neigte sich seinem Ende zu. Noch war es tagsüber warm und mild, meistens schien die Sonne und abends war die Temperatur noch erträglich, aber nachts wurde es schon merklich kühler. Für manche war es eine willkommene Abwechslung nach dem heißen, trockenen Sommer. Auch Roman, der in diesem Jahr mehr unter der Sommerhitze und den Temperaturschwankungen gelitten hatte als Jahre zuvor, begrüßte die Abkühlung. Er führte diese Wetterfühligkeit auf sein alter zurück. Zurzeit war er unterwegs um einzukaufen für seine heutige Geburtstagsfeier. Roman war heute 35 Jahre alt geworden. Er fühlte sich wohl und Gesund. Was hatte er seit seinem letzten Geburtstag erreicht? Er dachte nach. Im Großen und Ganzen konnte er zufrieden sein.

Seine Wohnung war komplett eingerichtet, die angestrebte Gehaltserhöhung war endlich angekommen und er hatte seitdem mit 3 Frauen geschlafen. Was will man mehr? Er lief die Fußgängerzone entlang und steuerte auf ein Feinkostgeschäft zu. Seinen Freunden wollte er heute Abend etwas Besonderes bieten. Niemand sollte ihm Knauserigkeit vorwerfen können. Außerdem wollte er sich selber beweisen, dass er sich was leisten konnte.

Als sein Blick zufällig in ein Schaufenster fiel, sah er die Gestalt wieder, die sich im Glas spiegelte. Zuerst dachte er an einen Zufall, aber Roman hätte schwören können, dass er diesem Mann Heute schon zwei Mal begegnet war. Er trat näher an ein Schaufensterladen und tat so, als würde er die Waren darin begutachten. Er schaute sich in der Spiegelung des Fensters die merkwürdige Gestalt an, die nur etwa Fünf Meter von ihm stand. Sie war, ungewöhnlich für diesen normalen Samstag, mit einem schwarzen Anzug bekleidet, hatte auf dem Kopf eine runde Melone und so eine Art Gamaschen an den Schuhen. Das Gesicht war schmal und mit einem Menjoubärtchen verziert. Die randlose Brille vervollständigte das Bild eines gut gekleideten Mannes der nun wirklich nicht in eine Einkaufsstraße passte, wo alle Menschen hier einen gehetzten Eindruck machten. Roman bemerkte, wie dieser Mann ihn von hinten musterte. "Was in aller Welt, will der von dir? Den kennst du ja gar nicht!" Er lies die Geschehnisse der letzen Zeit Revue passieren. Da war nichts darunter, was auch annähernd zu dieser Gestalt gepasst hätte. Abgesehen von dem kleinen harmlosen Flirt vor drei Tagen in der Bar. Das wird doch wohl nicht der Ehemann sein?

Roman beschloss nach dem Sprichwort zu handeln, dass Angriff die beste Verteidigung sei und drehte sich nach dem Mann um. Der Angriff verpuffte aber sozusagen, tatsächlich sah es so aus, als wartete diese seltsame Gestalt auf ihn, denn jetzt lächelte der Mann und lief seinerseits einige Schritte auf Roman zu. "Also doch nicht der Ehemann", dachte Roman erleichtert, "aber wer kann das sonst sein"?

"Kennen wir uns, sind wir uns schon mal begegnet"? , fragte Roman. "Nein", sagte der andere, "ich möchte ihnen eine Geschichte erzählen. Bitte hören sie mir zu, dann können Sie immer noch entscheiden ob sie an einer weiteren Unterhaltung interessiert sind". "Jetzt bin ich aber neugierig, was das für eine Geschichte sein soll", sagte Roman.

Der Mann begann zu erzählen:" Ich bin ein Gesandter zur "Rettung humaner, ethischer und moralischer Angelegenheiten" kurz RHEUMA genannt. Falls sie noch nie von uns gehört haben, so ist das kein Problem, denn Millionen Menschen kennen uns auch nicht. Wir beobachten seit Jahrhunderten die Menschheit und mussten leider feststellen, dass diese sich immer mehr mit den banalen und alltäglichen Dingen des Lebens beschäftigen. Die Entscheidungsmaßstäbe, an denen die Menschen ihr Handeln orientieren beruhen nicht mehr auf Achtung vor dem Leben oder der Würde und den Grundrechten des Menschen und schon gar nicht auf Rücksicht der Nationalität, der Rasse, des Glaubens, des Alters, des Geschlechts bzw. der politischen Überzeugung. Vielmehr wird das Handeln der Menschheit durch Egoismus, Profitgier und Ablehnung jeglicher Verantwortung für das eigene Tun bestimmt. Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass es an Zeit ist, die Menschen zu ihrer ursprünglichen Verantwortung zurückzuführen. Die Philosophen der Vergangenheit und der Gegenwart haben uns viele Möglichkeiten gezeigt, wie der Mensch sich an den moralischen und ethischen Maßstäben orientieren kann."

Der Mann machte eine Pause und beobachtete die Reaktion Roman's. Dessen Mine war von der Ungläubigkeit zum Erstaunen und dann wieder zurück zur Ungläubigkeit gewechselt. Roman wusste wirklich nicht was er davon halten sollte. Einerseits waren es eigentlich ganz vernünftige Gedanken, die sein Gegenüber äußerte, andererseits waren da einige Fragen aufgetaucht, die nicht so richtig mit der Realität übereinstimmten.

"Wenn ich ehrlich sein soll, ist das zwar keine brillante Analyse über den momentanen Stand der Menschheit, aber es trifft so ziemlich den Kern der Sache. Was aber soll der Unsinn über "wir beobachten seit Jahrhunderten die Menschheit" und "wir möchten die Menschen zu ihrer ursprünglichen Verantwortung zurückführen" wie stellen sie sich das denn vor und vor allen Dingen: was zum Teufel habe ich denn damit zu tun"? Roman wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte.

Sein Gegenüber lächelte. "Ich kann Sie gut verstehen", fuhr der Mann fort, "ehrlich gesagt würde es mir auch so an ihrer Stelle gehen, ja ich habe sogar mit Ihrer Reaktion gerechnet. Ich bin aber noch nicht am Ende. Können wir weiter?" Roman nickte kurz. Der Mann sprach: "Ich schlage vor, wir laufen etwas abseits der Einkaufszone, da ist es ruhiger." Beide liefen einige Minuten schweigsam nebeneinander. Roman merkte, dass er doch neugierig geworden war. "Wie geht es nun weiter? Was will der eigentlich von mir? Man kann sich das ja mal anhören. Dir kann ja nichts passieren. Du kannst ja jederzeit wieder gehen".

Es war als ob der Mann Romans Gedanken lesen könnte, denn er begann; " Hören sie mir weiter zu, dann wissen sie was RHEUMA von ihnen will. Aber glauben Sie mir: Sie können zwar jederzeit gehen, aber sie können uns nicht mehr entkommen. Wir wissen so ziemlich alles über Sie. Wir haben sie nach unseren Kriterien ausgesucht und beschlossen dass sie für ein Jahr unser in unser volles Programm eingebunden werden".

Jetzt war Roman doch etwas verwirrt und sprach mit wütender Stimme: "So langsam reicht es mir werter Herr, wieso höre ich mir diesen Unsinn eigentlich an? Was wissen sie denn von mir? Ich gehe jetzt". Roman wandte sich um und hatte sich schon einige Schritte von der Gestalt entfernt, als er hörte wie der Mann ihm Nachrief: " Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, lieber Roman. Das wir bestimmt Heute Abend ein gelungenes Fest. Ich glaube aber nicht, das die Dame auch kommt, mit der sie vor drei Tagen in der Haifischbar geflirtet haben".

Roman blieb wie angewurzelt stehen. Das mit dem Geburtstag war noch mit einigem Geschick und Beziehungen rauszukriegen, aber das mit der Dame in der Haifischbar war so gut wie unmöglich, denn die Dame und er waren damals die einzigen Anwesenden, weil es damals noch ziemlich früh am Abend war. Das der Keeper hinter der Theke etwas ausplauderte, war auch unwahrscheinlich, denn er hatte bestimmt kein Interesse daran seine Gäste zu verprellen. Blieb nur noch die Möglichkeit, das die Dame diesem Mann etwas erzählte, aber das Ganze ergab überhaupt keinen Sinn. "Wie um alles in der Welt...?". Der Mann ging wieder auf Roman zu und sprach:" ich erzähle ihnen jetzt den Rest der Geschichte, dann sind sie sowieso vorerst entlassen. Dann könne sie gehen und ihren Geburtstagseinkauf weiter tätigen. OK?"

Roman nickte resigniert und hörte zu. "Also", begann der Abgesandte, "wie schon die Abkürzung RHEUMA sagt, wollen wir die Menschheit zu moralischen und ethischen Lebenseinstellungen zurückführen. Dazu haben wir ein Programm entwickelt, das vorsieht, dass wir Philosophen aus der Vergangenheit und der jüngsten Gegenwart in unsere Zeit versetzen. Diese werden die von uns ausgesuchten Personen aufsuchen und sich mit Ihnen unterhalten. Das genaue Thema und die Art und Weise wie sie es unseren Aspiranten beibringen, überlassen wir natürlich den Philosophen. Wir geben lediglich die Zeit und den Ort und die Person vor. Für den Besuchten ist die andere Person sichtbar und real, für andere nicht. Das wirkungsvollste an der ganzen Angelegenheit ist, dass der Besuchte sich gar nicht dagegen wehren kann. Der Ort kann überall, z. B. im Büro oder auf der Straße sein. Die Besuchszeit ist jederzeit möglich, z. B. auch nachts. Wir haben angewiesen, geduldig und rücksichtsvoll zu, aber auch hartnäckig und mit sanftem Druck vorzugehen. Wir haben uns solche Leute ausgesucht, von denen wir glauben, dass sie noch für menschliche Werte empfänglich sind und sich ändern werden. Das ist eine unserer Voraussetzungen. Einerseits! Andererseits, und das ist das wichtigste: Diese Leute, sowie Sie, werden einmal eine Familie gründen und ihre neu gewonnenen Erkenntnisse an ihre Nachkommen weitergeben. Wir erhoffen uns da einen positiven Effekt auf die Zukunft der Menschheit, zumal wir sehr viele Menschen in das Projekt eingebunden haben. Wie viele es sind, können wir Ihnen natürlich nicht verraten, aber es sind sehr, sehr viele".

Roman wurde immer wütender, er konnte es nicht glauben was sein Gegenüber da verzapfte: "Das ist doch vollkommener Blödsinn. Noch nie gehört. Der Kerl spinnt. Der ist aus dem Irrenhaus entlaufen. So was gibt's ja gar nicht". "Hören Sie" antwortete Roman, " jetzt reicht es mir, Ihr Äußeres steht in krassem Gegensatz zu dem was sie sagen. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag. Schade um die verlorene Zeit". Roman drehte sich herum und ging zur Einkaufsstraße zurück. Er hörte noch wie der "Gesandte" ihm nachrief: "Sie hören noch von uns, überlegen sie mal, woher wir soviel von Ihnen wissen. Sie können uns nicht entkommen". Roman holte tief Luft. Er fischte nach seinem Einkaufszettel in der Tasche und konzentrierte sich auf heute Abend. Er wollte diese komische Sache so schnell wie möglich vergessen.


Eine vergessene Ankündigung

Roman war gerade aufgestanden. Heute war er 35 Jahre alt. Er hatte ausgiebig mit seinen Freunden hier in der Wohnung seinen Geburtstag gefeiert. Es war ein gelungenes Fest und alle hatten ihm um Mitternacht begeistert gratuliert. Danach ging die Fete weiter, die letzten hatten sich so etwa um 3.00 Uhr verabschiedet.

Er seufzte, als er jetzt an diesem Morgen die Unordnung in seiner Wohnung sah und beschloss, nur das notwendigste zu tun und anschließend ein bisschen in der Stadt bummeln zu gehen, denn schließlich war heute Samstag und sein Geburtstag noch dazu. Aufräumen und saubermachen konnte er immer noch. Roman begab sich in die Küche um das Durcheinander zu beseitigen und sich dann ein Frühstück zu genehmigen.

Der Kaffeeautomat röchelte das letzte Wasser aus sich heraus und der angenehme Duft von frisch aufgebackenen Brötchen stieg ihm in die Nase. Seine Laune war ausgezeichnet und Roman freute sich schon auf das bevorstehende Wochenende. Er würde heute noch versuchen, sich mit Klara zu verabreden und dann... Er lächelte, als er sich daran erinnerte, wie es das letzte Mal ausgegangen war. Roman wollte noch vor Beginn seines Frühstücks die Fenster im Wohnzimmer schließen, verließ seine gemütliche Küche, durchquerte den langen Flur und betrat das angrenzende Wohnzimmer und steuerte das offene Balkonfenster an. Zuerst nahm er die Gestalt im Sessel gar nicht richtig wahr. Erst als er in die Küche zurückgehen wollte, war er sich der Anwesenheit einer zweiten Person im Raum erst richtig bewusst. So richtig erschrocken war er jedoch nicht.

Der Mann sah aus, wie ein Grieche aus dem Altertum. Er hatte einen Chiton an, darüber hatte er einen Clamys geschwungen. Seine Füße waren mit mittelhohen Kothurns bedeckt und in der Hand hatte er einen kurzen Speer. Die Haare waren nach klassischer griechischer Tradition gelockt und das Gesicht war mit einem Bart bedeckt. Roman schätze sein alter auf etwa 65 Jahre.

"Was machen Sie denn hier?" "Wie kommen Sie hier herein?" "Wer sind Sie?" Roman war mehr erstaunt als erschrocken. Außer dem Speer war nichts Feindseliges an dem Mann wahrzunehmen, zumal die Person seelenruhig auf dem Sessel ruhte und ihn mit einer ruhigen Art musterte. "Ich bin Aristoteles von Stageira. Habt keine Angst. Mein Besuch ist doch hoffentlich von dem Gesandten von RHEUMA angekündigt worden. Ich bin Ihr erster Besucher, nicht wahr?" Roman konnte es nicht glauben was er da sah und hörte. War er im falschen Film, oder was? Er setzte sich erst mal und merkte wie sein Herz heftig schlug. "Das ist eine abgekartete Sache. Was wollen die von dir? Das kann doch unmöglich dieser Aristoteles sein? Der ist doch längst tot." Roman atmete schwer. Der Mann der sich Aristoteles nannte sprach: "Ich kann ihre Aufregung verstehen und den Zweifel der in Ihnen nagt, kann ich auch nachvollziehen, aber glauben sie mir, ich bin wirklich Aristoteles aus dem 4. Jahrhundert. RHEUMA ist an mich herangetreten und fragten mich, ob ich diese Aufgabe übernehmen würde". Aristoteles lachte. "Natürlich habe ich ja gesagt, denn es ist immerhin besser, als immer die gleichen Geschichten der Götter im Olymp zu hören. Meine neue Tätigkeit ist zwar mit viel Aufwand verbunden und die Aspiranten die ich aufsuche sind manchmal etwas schwierig, aber es macht mir Spaß und ich kann meine philosophischen Forschungen fortsetzen."

Roman, der unter seinen Freunden als ziemlich hartnäckig bekannt war, fing an, diese Geschichte zu akzeptieren, obwohl es nicht so ganz alltäglich war, von einem verstorbenen Besuch zu bekommen und von einem so berühmten auch noch dazu. "OK, ich höre mir erst mal an was sie zu sagen haben, dann sehen wir weiter. Darf ich sie zum Frühstück einladen?"

Das Gesicht des Aristoteles leuchtete auf. "Das nehme ich gerne an", sagte er, "so eine lange Reise macht hungrig".

Aristoteles musste wirklich hungrig sein, denn er verspeiste schon sein drittes Brötchen, bevor eine kurze Pause machte. "Ich muss mich erst mal an das Essen gewöhnen, das hier angeboten wird. Es schmeckt zwar gut, aber ob es gesund ist?"

"Sie sind bestimmt nicht hergekommen um über das Essen hier zu diskutieren, also beginnen wir mit dem Grund ihres Besuches, warum sind sie hier?", fragte Roman, er war immer noch etwas verwirrt.

"Im Laufe der Jahrhunderte sind viele Bücher über mich und meine Werke geschrieben worden", fing Aristoteles an. " Die meisten sind einfach lächerliche Fehlinterpretationen, manche rühren mich zu Tränen, es gibt aber einige beachtliche Deutungen über meine Gesamtwerke, die durchaus ernst zu nehmen sind. Ich habe hier eine Liste der auf mich zutreffenden Bücher bzw. Abhandlungen. Hiermit möchte ich sie bitten, sich diese auszuleihen bzw. zu besorgen und sich zu Gemüte führen. Danach, wenn sie sie ausreichend studiert haben werden sie die philosophischen Gedanken zuerst mal in ihrem Bekanntenkreis verbreiten". Roman schluckte. "Aber davon verstehe ich gar nichts", sagte Roman ganz entgeistert, "wie sie schon sagten, ganze Generationen von Philosophen, Denkern und Schriftstellern haben sich ihrer Werke angetan, gedeutet, interpretiert und ich habe mich noch nie mit Philosophie geschweige denn mit ihren Ideen und Gedankengut beschäftigt. Wie um alles in der Welt soll ich in meinem Bekanntenkreis ihre Ideen vertreten ohne das ich ausgelacht werde?".

"Es ist an der Zeit das ich Sie mit meinen Prinzipien vertraut mache", erklärte Aristoteles, "wahrscheinlich ist ihnen der Satz: "Erkenne dich selbst", vertraut. Davon gehe ich aus. Ich habe ihn erstmals auf der Inschrift des Orakels zu Delphi gelesen. Genau dieses Prinzip sollen sie anwenden, Praktisch sieht das so aus: durch gezielte Fragen und Antworten, eine von mir entwickelte Methode, ich nenne sie elenktisches Verfahren, werden sie ihren Gegenüber in Verlegenheit bringen und ihm seine Ausweglosigkeit darlegen. Die sog, "Aporie".

[Die Aporie] Sokrates' Ziel war es, durch gezielte Fragen und Antworten, durch seine selbst entwickelte Methode des elenktischen Verfahrens, diese zum Vorschein zu bringen. Dieses geht wie folgt vor sich: Sokrates stellt seinem Gesprächspartner eine Frage. Dieser antwortet ihm mit seinem Scheinwissen und seinem falschen Bewusstsein, das aus der Sorge um äußere Güter erfolgt, also aus seinen absoluten Wahrnehmungen. Mit seiner Philosophie der relativen Wahrnehmung (Sorge um die Seele: "epiméleia") widerlegt Sokrates dessen Ansicht. Auf diese Weise erkennt der andere sein eigenes Verständnis als falsch an und gerät in Verlegenheit und Ausweglosigkeit ("Aporie"). Sokrates stellt ihm die Frage erneut, um an dessen Bereitschaft zum Weiterlernen und zum Weiterbilden zu appellieren. Erwidert dieser die Lust nach Wissen, bietet ihm Sokrates durch den "Logos", durch die Vernunft, die Möglichkeit, im Gespräch den Weg aus seiner gegenwärtigen Situation zur Selbsterkenntnis zu finden. Im Gegensatz zu den Sophisten versuchte Sokrates nicht, die Leute durch Überreden zu beeinflussen und zu täuschen, sondern er wollte erreichen, dass sie aus eigener Überzeugung zu dieser richtigen Erkenntnis kamen: alles Tugendhafte sei richtig, alles Lasterhafte sei schändlich. Jede andere Auffassung könnte gegen den Logos nicht standhalten und wäre nicht vertretbar. Auf diese Weise nutzte er sozusagen die Hebammenkunst seiner Mutter für seine Philosophie, was bedeutet, dass er den Menschen bloß helfen konnte, die Erkenntnis zu finden, und ihnen nicht die Erkenntnis vorwegnehmen konnte. Dieses Vorgehen wird "Mäeutik" genannt. Er vertrat die Auffassung, dass die Leute, die erkannt haben, was richtig oder falsch ist, auch richtig handeln würden. Die Selbsterkenntnis setzt er mit der Tugend der Tüchtigkeit gleich mit dem Hintergrund, dass nur die Tugendhaftigkeit nützlich sei. Diejenigen, die nicht erkannt haben, was richtig oder falsch ist, würden nur auf Grund von Nichtwissen bzw. Scheinwissen Schandtaten begehen. Ein Zitat von Sokrates besagt: "Niemand tut freiwillig (wissentlich) unrecht!"

Sokrates fuhr fort: "Die Idee dazu kam mir, als ich zu der Erkenntnis gekommen war: "Ich weiß, dass ich nichts weiß." Theoretisch betrachtet ist das ein ein Widerspruch in sich, denn wenn man wirklich nichts weiß, dann kann man auch nicht wissen das man nichts weiß. Eigentlich habe ich bei meinen Befragungen keine bestimmte Position bezogen, ich habe nur meine Mitbürger auf die Widersprüche aufmerksam gemacht. Erst später als ich an dieser Mission hier teilnahm, erfuhr ich, dass mein geschätzter Bewunderer Platon meine Aporien der Nachwelt eine Abhandlung widmete"

Emanuel Kant, hat erst ca. 2000 Jahre später eine Theorie aufgestellt, wie man mt der Aporie, die sich im Wesen eines jeden befindet, umgeht. Der Mensch muss diesen Widerspruch in sich selbst lösen:

" Wer nicht recht handelt, der hat nicht recht verstanden. Wer aber verstanden hat, der handelt auch notwendig verständig." [Kant 1793, A201f]

Um dies zu erreichen muss jeder Mensch sich eine eigene Urteilskraft aneignen".

Nach diesen Worten lehnte sich Sokrates zurück und machte einen zufriedenen Eindruck, dann sagte er: "Die Menschheit hat zwar keinen Fortschritt gemacht was das friedliche und tolerante Zusammenleben der Völker und Gemeinschaften untereinander betrifft, aber die alltägliche Verrichtungen wie z. B. Essen, Trinken, medizinische Versorgung oder Kleidung haben sich verbessert."

"Kann ich noch eines von dem essen was ihr hier Brötchen nennt, und noch einen Becher Kaffee, den ich bis dato noch gar nicht kannte?" Roman, der das Ganze noch immer nicht glauben konnte, was sich hier abspielte, beeilte sich Sokrates' Wunsch nachzukommen.