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Handlung.

Geschichtlicher Hintergrund ist die Zeit im August 1865, etwa 4 Monate nach dem Attentat auf Abraham Lincoln und fünf Tage nach dessen Tod und nach der Kapitulation der Konföderierten Armee, am 9. April 1865 im Appomattox Court House.
Roman ein Kinderarzt reist mit dem Raddampfer "Belle of Louisville" von New-Orleans nach St. Louis und will dort eine Stelle antreten.



VORWORT

Wer den Hauptfluss des nordamerikanischen Kontinents, den Mississippi River, mit dem Schiff bereisen will, angefangen bei Coon Rapids in Minnesota, der dann nördlich von St. Louis mit dem Missouri zusammenfließt und eine gesamte Länge von über 3700 Kilometer bildet, muss viel Geduld und noch mehr Zeit aufwenden, denn zehn Bundesstaaten der USA sind bei Wind und Wetter zu durchqueren, von Lake Itasca in nördlichen Minnesota der eigentlichen Quelle des "Vaters der Ströme", weiter nach Minnesota, Wisconsin, Iowa, Illionis, Missouri, Kentucky, Arkansas, Tennessee und Mississippi bis nach New Orleans in Louisiana und dann noch einmal 160 Kilometer weiter nach Pilottown, wo sich der magische Strom im Ästurat des Mississippi-River-Delta noch einmal sammelt, bevor er dann endlich sein Wasser in den Golf von Mexico zu entleert.

Wir reisen in das 19.Jahrhundert, als Abraham Lincoln, der Präsident der Vereinigten Staaten, am 14. April 1865 einem Attentat zum Opfer fiel.

Der Demokrat Jefferson Davis war vier Jahre lang, bis 1865, der einzige Präsident der konföderierten Staaten.

Die Zeit, nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges, dem Sezessionskrieg, der die Sklaverei beenden sollte, war noch lange nicht vorüber. Denn die besiegten Konföderationsstaaten hatten im Laufe des Wiederaufbaus die sogenannte Reconstructions Gesetzte erlassen, die die Bürgerrechte der schwarzen Bevölkerung einschränkten, die Jim-Crow-Gesetze. Erst die Bürgerrechtsbewegung Civil-Rights-Movement konnte die letzten Ungleichbehandlungen beseitigen.

Damals wandte sich der Fluss durch hunderte von Mäandern dem Golf von Mexico entgegen und füllte weite Flächen, auf denen sich das jährlich auftretende Hochwasser verteilen konnte. Tiere und Pflanzen hatten die Möglichkeit, sich ohne Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums ungehindert zu entfalten.

Den Reisenden erwarten ungewohnte Unannehmlichkeiten, die Zweifel an seinem eigenen Vorhaben aufkommen lässt, denn er muss mit Tropenfieber, Stechmücken, Schlangen oder Alligatoren rechnen. Dazu kommen noch abgestandenes Trinkwasser und eintöniges Essen, die ihm das Schiff abnötigt, falls es nicht den großen Reedereien angehört.

Dennoch, wer diese Mühseligkeit erträgt, wird reich belohnt werden. Grüne Landschaften, imposante Bauwerke, hübsche Städtchen, bedeutende Handelszentren und endlose Baumwollfelder, die das Ufer des Mississippi säumen, wollen bewundert werden.

Die Baumwolle war Grundlage einer Arbeitsteilung zwischen Arm und Reich, Schwarz und Weiß, aus der sich die vielleicht tragischsten Entwicklungen der amerikanischen Geschichte herleiten ließen.



DER SEZESSIONSKRIEG

An dieser Stelle versuchen wir etwas Licht in eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika zu bringen: Der vierjähriger Krieg zwischen den Nord- und Südstaaten, dem überflüssigerweise mehr als 618 000 Soldaten und Zivilisten zum Opfer fielen und Millionen von Dollar für kriegerische Zwecke ausgegeben wurden.

Die Wurzeln des Krieges hatten wohl hauptsächlich zwei Gründe. Auch bei Interaktion wollen wir jeder dieser beiden Causae für sich extra herausstellen:

Die erste Ursache war die Sklavenhaltung an sich, die von den Nordstaaten in der Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 her abgelehnt wurde.

In den Sklavenstaaten gab es drei Klassen.

Die niedrigste bestand aus etwa vier Millionen bediensteter Afroamerikaner, die etwa ein Drittel der Bevölkerung ausmachten.

Die oberste war die Kaste der Eigentümer, verhältnismäßig wenig gebildet, reich und hochnäsig, habgierig in finanziellen Geschäften und die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten für sich allein in Anspruch nahm.

Zwischen beiden stand die zu Tumulten leicht bereite, faule und armselige Klasse der armen Weißen. Gegen alle Erwartung stimmten diese mit Feuer und Flamme für Aufrechterhaltung der Sklaverei, weil sie fürchteten, dass die Schwarzen nach ihrer Freisprechung sich auf die gleiche Stufe wie sie stellen würden.

Die zweite Ursache, warum der blutige Bürgerkrieg entstand, war das wirtschaftliche Gefälle zwischen den Nord- und Südstaaten. Der Süden war durch Ausnutzung billiger Arbeitskräfte und den Import seiner Produkte wie Baumwolle, Rohrzucker oder Rind- und Schweinefleisch gegenüber dem Norden zunächst im Vorteil. Später jedoch änderte sich das Bild. Mit dem Bau der transkontinentalen Eisenbahn, Einführung des Telegrafen und allmähliche Elektrifizierung wurde die Wirtschaft im Norden moderner und offener gegenüber dem Rest Europas und Afrika.

Der Norden wurde damit immer unabhängiger, während durch die rückständige Industrialisierung der Süden noch lange Zeit vom Export seiner landwirtschaftlichen Güter abhängig war.

Ein geschichtlicher Meilenstein der Sklavenhaltung war die "Mason-Dixon-Line", eine Demarkationslinie zwischen vier Bundesstaten, entlang der Grenzen von Pennsylvania, Maryland, Delaware und West Virginia, etwa 40 Meilen südlich des 40. Breitengrades.

Diese Linie wurde mit Hilfe der beiden Landvermessern Charles Manson und Jeremiah Dixon in den Jahren 1763 bis 1767 im Auftrag der britischen Kolonien festgelegt. Dadurch sollten Grenzstreitigkeiten zwischen den britischen Kolonien Maryland und Pennsylvania / Delaware und der englischen Krone unter Charles II beseitigt werden.

Die Grenze bildete die Linie zwischen den Sklavenhalterstaaten im Süden und den freien Nordstaaten und ging seit 1820 als „Missouri-Kompromiss“ in die Geschichte ein. Die ursprüngliche Vermessung wurde im Laufe der Geschichte mehrmals korrigiert.

Die Bewohner des Südens wurden immer unzufriedener. Schließlich war eine wirtschaftliche, soziale und politische Spaltung unvermeidlich. Die sich verschärfenden Konflikte begannen schon Jahre vorher mit kleinen Scharmützeln und endeten schließlich im großen vierjährigen Sezessionskrieg vom 12. April 1861 bis zum 23. Juni 1865, der bis heute die Nation immer noch in zwei oder mehrere Lager spaltet.

Unvergessen das Getöse der Schlachten, die nicht nur das Becken des Mississippi mit dem Blut von Soldaten und Zivilisten füllten, sondern auch andere Kriegsschauplätze wie beispielsweise Gettysburg im Jahre 1863, die sieben Tage Schlacht bei Richmonds vom 25. Juni bis 1. Juli 1862 oder die Schlacht von Franklin 1864.

Angesichts der Tatsache, dass in den vier Jahren hunderte von Kriegsschauplätzen, davon viele zeitgleich, entstanden waren, ist die Frage erlaubt, ob sich die Kriegshandlungen verselbstständigt hatten, oder waren es tatsächlich die großen Befehlshaber, die dem Geschehen einen taktischen militärischen Verlauf gaben?



DAS SCHIFF

Wir schreiben das Jahr 1865 im August. Unsere Geschichte beginnt genau an der Ecke, wo der Lake Pontchartrain, im Südosten von Louisiana, sein Wasser über "Carondelet-Kanal" in die Hafenanlage von Port of New Orleans fließen lässt.

Roman saß auf einem Schiffspoller und betrachtete die aufgehende Sonne am Horizont. Den ganzen Tag und die Nacht über herrschte reges Treiben, am bedeutendsten Umschlagplatz des Landes.

Noch waren die Spuren des großen Sezessionskrieges nicht vollständig beseitigt. Am anderen Ufer der Leeves sah man die verbrannten Reste von drei großen ehemaligen Sklavenschiffe, die für den Transport von Sklaven umgebaut worden waren. Die meisten Schiffe hatte der Pariser Rotschild, Antonine Crozat in Auftrag gegeben. Die überfüllten Lastkähne wurden ebenso zum Sinnbild für die Schrecken der Sklaverei, wie die Peitsche und die zerfetzte Sklavenhaut. Die Nordstaatler hatten beim Einmarsch alle Einrichtungen zerstört, die an Sklavenhaltungen erinnern sollten.

Besiegte Soldaten der Konföderationsarmee standen in kleinen Gruppen herum. Die Meisten hatten keine Heimat mehr oder wussten nicht, wie sie zu ihrer Familie reisen konnten.

Noch unglücklicher war der Haufen ehemaliger Sklaven abseits in einer Ecke des Hafens. Sie waren jetzt "frei" ohne Arbeit und Perspektiven, notdürftig mit Zelten und Decken versorgt. Der Kongress der Vereinigten Staaten hatte im März 1865 das "Freedmen's Buerau" als Teil des Kriegsabkommens gegründet. Es verteilte Kleidung, Nahrung und alles Notwendige an die Freigelassene. Jetzt warteten sie auf die Ankunft eines Versorgungsschiffes.

Wie jeden Morgen kamen Fischer mit ihren Booten vom Fang zurück, um die immer weniger werdenden Steinbarsche, Katzenwelse und andere Fische zum Kauf anzubieten. Der Mississippi gab seine Fischbestände immer widerwilliger her, denn die Landnahme und der wirtschaftliche Aufschwung schränkten den Lebensraum der Tiere und Pflanzen allmählich ein.

Roman betrachtete den Raddampfer, den "Steamer", der nicht weit von ihm angelegt hatte. Das Schiff war auf den Namen "Belle of Louisville" getauft, der in Cincinnati gebaut wurde.

Ein in die Jahre gekommener Heckraddampfer ein sogenannter "Sternwheeler", mit einem gewaltigen Paddle Wheel (Schaufelrad), das von einem Motor mit 850 PS angetrieben wurde. Es erreichte eine Geschwindigkeit von etwa 15 Knoten zirka 28 km/h. Der flache Rumpf hatte wegen mancher seichten Stellen des Mississippi einen Tiefgang von 2,5 Meter. Die Takelage, Kabel die über Pfosten und den Schornsteinen gespannt wurden, versteiften die Konstruktion gegen das Durchbiegen bei voller Beladung.

Das Schiff hatte zwei schwarze Schornsteine, die in spitzen, nach oben gebogenen Zinken endeten.

Der Steamer hatte vier Decks und ist etwa 80 Meter lang. Ganz oben ist das Steuerhaus, dass, wie alle Dampfschiffe dieser Zeit, nur mit einem Steuerrad, Kompass und sonstigen nautischen Geräten ausgerüstet ist. Andere Funktionen werden im Maschinenraum ausgeführt. Auf der Brücke werden die Befehle des Kapitäns durch ein Sprachrohr durchgegeben.

Eine Besonderheit war die moderne Beleuchtung. Die Argandschen Lampen hatte man durch Petroleumlampen ersetzt, was die Brandgefahr verringerte, gleichwohl musste man aber den typischen Petroleumgeruch in Kauf nehmen. Wahrscheinlich hatte der Kapitän von "verschollen" gemeldete Schiffen gehört, die doch letztendlich als Opfer ihrer unzulänglichen Beleuchtungs- und Beheizungseinrichtungen galten.

Indes hat auch an dieser Stelle der Goethe'sche Stoßseufzer seine Bedeutsamkeit:

"Wüsste nicht, was sie Besseres erfinden könnten,
als wenn Lichter ohne Putzen brennen."

Der Anstrich musste erneuert werden und auch sonst machte das Schiff einen überholungsbedürftigen Eindruck. Es würde aber für Romans Vorhaben ausreichen.

Soeben wurde die kleine Landungsbrücke mit einem quietschenden Geräusch heruntergelassen. Ein Matrose ging die Bretter zur Hälfte herunter, musterte Roman kurz und verschwand wieder.

Roman nahm sein Gepäck, ging die Landungsbrücke nach oben auf das Hauptdeck und sprach den Matrosen an: "Ich möchte zum Kapitän".

"Wenn sie Brayn Laugrhrey meinen, dann hier entlang." > Der Matrose zeigte in eine Ecke mit der Aufschrift: "Rezeption".

Dort saß ein korpulenter Mann mittleren Alters, in einer Art Kapitänsuniform gekleidet. Seine befleckte, zerknitterte, halb zugeknöpfte Jacke, verbarg ein verschwitztes Unterhemd. Die Hose wurde mit Hosenträgern über den umfangreichen Bauch gehalten. Sein Gesicht hatte eine Rasur notwendig.

"Ja?" Er schaute nicht von seinen Papieren auf.

"Ich bin Roman und möchte nach St. Louis mit ihrem Schiff fahren."

"Reserviert?"

"Nein, aber ich denke, es geht auch so."

"Wohin, sagten sie?"

"St. Louis."

Der Kapitän schaute auf und überlegte kurz. "Bar im Voraus, Cabin-Deck mit jeweils 15 Betten 70 Dollar, Sun-Deck für 2 Personen mit Dusche und Toilette 100, Luxus-Deck mit Privatkajüte 150, Verpflegung 40, Extras 30. Bar im Voraus."

Wortlos blätterte Roman 120 Dollar auf die Tresen.

Der Kapitän hatte wohl ein gutes Auge, denn er nahm das Geld, ohne nachzuzählen. Mit den Dollars in der Hand deutete er nach oben.

"Suchen sie sich am oberen Ende was aus, das hintere ist für Ladies reserviert."

Roman ging die beiden Treppen hinauf zum "Sun-Deck", weit weg von den beiden Schornsteinen und wählte eine Außenkabine aus.



DIE PASSAGIERE

Roman setzte sich aufs Deck nahe der Reling und beobachtete die Passagiere, die nach und nach eintrafen.

Der erste ist James Mac Cunningham und kommt aus New York. Ein Abenteurer und Einzelgänger, niemand weiß was ihn hierher verschlagen hat. Er ist 1,90 Meter groß, kräftige Gestalt. Seine Kleidung ist bequem und der Jahreszeit angepasst. Als Gepäck hat er nur eine große Tasche und ein Gewehr. Mr. Mac Cunningham verschwindet in einem der Kabinen.

Unübersehbar, in straffer Soldatenhaltung mit geschultertem Gepäck läuft David O'Peafield über die Planken. Man sieht ihm den Seemann an seinem Gang an. Ein hagerer großer Mann, etwa 45 Jahre, der alle lebensgefährlichen Situationen gemeistert hatte. Der militärische Haarschnitt ist zwar noch zu sehen, aber schon am Auswildern. Seine Kleidung sieht gebraucht aus. Wahrscheinlich mit der Uniform der Südler ausgetauscht.

Der nächste ist Mister Nystrom Trowbridge, aus Rhode Island. 1,60 Meter groß und etwas füllig. Deshalb hat er bequeme Leinenhosen mit Hosenträger und eine zerknautsche Leinenjacke an. Er ist ein sogenannter Carbetbagger (Teppichtaschenträger). Eine spöttische Bezeichnung des geringen Gepäcks wegen. In den Südstaaten stand der Name für einen abfälligen Begriff, einer der die hilflosen Menschen im Süden ausplündern wollte. In der Tat trägt er einen billigen Teppichbeutel in der Hand, sowie einen Rucksack.



ABFAHRT: NEW ORLEANS, LOUISIANA

Pünktlich um zehn Uhr morgens legte die "Belle of Louisville" ab. Jetzt hieß es: Leinen los. Emsig lösten die Matrosen die Taue von den Pollern und schon spürte man das Vibrieren der Schiffsmotoren vom Heck zum Bug. Aus den großen Schornsteinen quoll dichter Rauch der sich rückwärts zur Fahrtrichtung in die Luft verteilte.

Zum Abschied hörte man zwei lange Schiffstöne, dann bewegte die riesige Schaufel, angetrieben von Kurbeln, die an Grashüpferbeine erinnerten, das Schiff langsam zur Fahrtrinne des Mississippi hin. Da der Steamer gegen den Strom schwamm, schäumten hohe Wellen beiderseits des Rumpfs und hinterließen eine langanhaltende Furche im Kielwasser. Der Fluss war hier etwa einen Kilometer breit und hatte eine Tiefe von einhundertfünfzig bis zweihundert Fuß.

Für die Reise nach St. Louis waren etwa 10 Tage vorgesehen, einschließlich Frischwasseraufnahme, Nahrungsversorgung und Kohle bunkern.

Die meisten Passagiere hatten sich an den Decks versammelt, um sich das geschäftige Treiben entlang des Hafens nicht entgehen zu lassen.

Der Kapitän musste den Vorschriften nach, einen Lotsen die Strecke steuern lassen. Der hatte mehr Befugnisse als der Kapitän selbst, solange er seinem Wirkungsbereich, dem Steuern des Schiffes, treu blieb.

Der Haupthafen von New Orleans war mehrere Meilen lang und es hatte sich wegen seiner mannigfaltigen Aufgaben eine gewisse Ordnung im Bau und Ablauf gebildet.

Rechts des Ufers hatte man die Anlegestellen der Dampfer und Seeschiffe platziert, während auf der gegenüberliegende Seite der Bahnhof für Güter und Personen eingerichtet waren. Das Ufer des Hafens war zum größten Teil mit Balken und Dielen verbaut, sogenannte Parketts, die zum Teil am Ufer fest verankert sind und zum Teil auf dem Fluss selbst schwimmen.

Unzählige Schienenstränge durchkreuzten das Ufer. Die Eisenbahn machte der klassischen Dampfschifffahrt durch Beförderung von Personen und Waren Konkurrenz.

Ein ganzes Areal von Lagerhallen schloss sich unmittelbar dahinter an. Unzählige Fabrikhallen, die mit Hilfe der Dampfkraft ihre Waren produzierten. Davon zeugten rauchende Schornsteine, deren dichten Qualm die Sicht zum Horizont verwehrte.

Zwischen dem Ufer des Flusses verkehrten Überfahrtsplatten mit Dampfbetrieb, die sogenannten "Ferryboats", die als Ersatz für Brücken über den Strom eingerichtet waren.

Arbeiter löschten Schiffsladungen, andere hievten gepresste Baumwollballen Zuckerrohre, Säcke mit Mais und andere Waren in den Bauch bereitstehender Lastkähne. Die wirtschaftliche Stärke des Südens war immer noch der Verkauf landeseigener Produkte und sollte es auch noch lange Zeit bleiben.

Der Lärm war gerade noch erträglich, schlimmer jedoch die dunklen Rauchwolken, die aus den Schornsteinen der vielen Schiffe aufstiegen, die sich geschäftig auf dem Wasser tummelten und einen beißenden Geruch verbreiteten. Da zu dieser Stunde kein Lüftchen wehte, mussten auch die Segelschiffe ihre Motoren benutzen. Ein dickdunstiger fast gelber Nebel zog entlang des Flusses

Den Passagieren auf der "Belle of Louisville" fiel das Atmen schwer. Die Meisten bedauerten die Arbeiter, die jetzt keine Sklaven mehr waren, die Tage und Nächte mühsam und unter diesen Umständen ihren ersten, kargen Lohn verdienten.

An dieser Stelle erscheint es uns angebracht, einige Sätze über die Abschaffung der Sklaverei in den betroffenen Staaten Louisiana, Alabama, Mississippi, Georgia, Süd- und Nord-Karolina zu schreiben:

  1. Die Abschaffung der Sklaverei, etwa vier Millionen Afroamerikaner, war den Grundbesitzern ein Gräuel, ein unverständlicher Eingriff in ihre ökonomischen Interessen und ihr traditionelles Recht auf den Besitz gekaufter menschlicher Ware und akzeptierten daher nur widerwillig die neue Gesetzgebung.
  2. Die Abschaffung der Sklaverei hatte zur Folge, dass zwischen den Grundbesitzern, die mit der Politik der Nordstaaten einverstanden waren, und den ehemaligen Sklaven von heute auf morgen ein Arbeitsverhältnis entstand. Das Freedmen's Bureau, eine amerikanische Bundesbehörde, eine Idee von Lincoln, gegründet am 3. März 1865, half auch den ehemaligen Sklaven am Arbeitsplatz. Es versuchte sicherzustellen, dass sie faire Löhne erhielten und ihre Arbeitgeber frei wählten konnten. Das Büro schuf besondere Gerichte, um Streitigkeiten zwischen schwarzen Arbeitern und ihren weißen Arbeitgebern zu beenden. Diese mussten dann wohl oder übel einen Lohn bezahlen, der die Rentabilität des Unternehmens beeinträchtigte.
  3. Sklaven, die von heute auf morgen keine mehr waren, wussten nichts mit Ihrer Freiheit anzufangen. Sie hatten keine Heimat, keine Arbeit und die wenigsten waren fähig, sich eine eigene Existenz aufzubauen, zumal niemand bereit war, ihnen Land zur Bewirtschaftung zu Verfügung zu stellen. Also mussten die ehemaligen Sklaven sich für einen Hungerlohn neu verdingen, am besten bei dem alten Grundbesitzer.
  4. Nebengesetze ("by-laws") ermöglichten es aber, den ehemaligen Ausbeutern, bei den geringfügigsten Vergehen der schwarzen Rasse, sie wieder zu Gefangenen zu machen und zu Strafarbeiten oder zum Tode zu verurteilen. In solchen Köpfen war eine Hinrichtung keinen Mord.
  5. Es musste noch viel Wasser den Mississippi herunterlaufen, bis die Sklaverei vollständig abgeschafft wurde.

Endlich war die Hafenanlage vorüber, man hörte noch das Rollen und Pusten von Schiffsmaschinen und schwache Töne von Dampfpfeifen, dann war alles ruhig. Nur noch das Stampfen der Maschinen der "Belle of Louisville" und das regelmäßige Platschen der großen Schaufelräder, wenn sie in das Wasser des Mississippis eintraten, störte die Ruhe.

Alsbald sahen die Passagiere links und rechts des Ufers kleine Hütten aus Steine oder Blech, manche in Gärten eingezäunt. Sie wurden von den Arbeitern des Hafens bewohnt.

Weiter ging es dem gewundenen Verlauf des Mississippi entlang. Die erste Promenadenstraße leitete das geschäftige Treiben von New Orleans ein.

Die Stadtteile oberhalb des Hafens lagen noch nicht unter dem Meeresspiegel, sondern knapp drüber oder dran. Sie folgen der großen Kurve des Mississippi, weshalb dieser Stadtteil auch die "Crescent City" genannt wird: die Sichelstadt.

Hier war das Zentrum, deren Straßen sich im rechten Winkel kreuzten. Es war niedriger als der Fluss und musste durch Dämme von Überschwemmungen geschützt werden. Neben Bürgersteigen verlaufen Rinnen (Gutters) um das Regenwasser abzuleiten. Die meisten Häuser waren drei Stockwerke hoch und meistens mit Balkons ausgerüstet, ohne Keller, da man beim Graben schon bald auf Grundwasser gestoßen war. Die großen Straßen erhielten die Namen der königlichen Prinzen wie Maine, Condè, Conti oder Chartres-Street nach dem Sohn des Regenten benannt.

Da es an Trinkwasser mangelte und die hygienischen Zustände ohnehin nicht so besonders waren, lebten die Bewohner im dicht besiedelten New Orleans nicht so gesund und das war der Grund mancher Krankheiten.

Eine Flusswindung weiter passierte das Schiff den Stadtteil der reichen Gutsherren. Der Mississippi war an dieser Stelle besonders breit. Die leichte Prise, die wie eine sanfte Hand über das Wasser wehte und die sommerlichen Temperaturen, erzeugten ein angenehmes Klima.

Große herrschaftliche Villen reihten sich wie eine Perlenschnur entlang des Ufers. Viele mit hellem, weisem Anstrich, mit mächtigen Säulen an der neoklassischen Front, breite Balkone und roten Dächern.

Die Grundstücke waren vom Ufer bis zu den Herrenhäusern mit kleinen Teichen und Rasenflächen angelegt, auf denen Bäume und Rosenstöcke wuchsen. Der architektonische Prunk wurde von den meisten Passagieren bewundert, aber kaum einer dachte an das Blut und die Tränen der Sklaven, die mit dem Sand und den Steinen der Bauten vermischt war.

Fast alle Villenbesitzer hatten ihre Zugehörigkeit zu den Südstaaten bezeugt, indem sie die Nationalflagge, die "Third Confederate Flag" aufgestellt hatten.

Jetzt mussten sie diese auf Druck der Siegermächte mit der Unionsflagge, die mit den "Sternen und Streifen", austauschen:

Vierunddreißig Sterne für dreiunddreißig Bundesstaaten und den Distrikt Columbia.

Es war einer der ersten Vorschriften der neuen Herren, deren noch viele dazukommen sollten.

Die "Belle of Louisville" passierte noch mehrere kleine Vororte, dann war alles vorbei, was zu New Orleans gehörte.

Das Schiff fuhr jetzt an sanften Hügeln mit üppigem Holzwuchs vorbei. Weiße, rote und gelbe Eichen, Pappeln, wuchsen neben Magnolien und Hickorys. Immer wieder lugten mehrere Ansammlungen von Kiefern und Fichten aus dem Walde hervor. Aus deren Harz wurde Terpentin und dann Pech und Teer gewonnen.

Es folgten unzählige Felder mit Baumwolle und Zuckerrohr. Manche Pflanzer besaßen bis zu zweihundert Hektar große Grundstücke.



BATON ROUGE, LOUISANA

Das Dampfschiff hatte über 100 Meilen in vier Stunden zurückgelegt. Die erste Station Baton Rouge, die Hauptstadt von Louisiana, war erreicht. Allerdings gab es Bestrebungen, das New Orleans den Status streitig machen wollte.

Eine gemauerte Anlegestelle war für das Schiff reserviert. Man musste Holz und Kohle bunkern.

Ein Matrose betätigte die Schiffsglocke, ein Zeichen zum etwas verspäteten Mittagessen.

Roman wählte im Essensraum im Hauptdeck einen Fensterplatz, bestellte sich einen Lemmon-Mix und sah dem geschäftigen Treiben am Hafen von Baton Rouge zu.

Ein Hotel mit einer Bar davor, ein zweistöckiges Wettbüro, das Bankhaus Mike Marshall das aus Ziegeln gebaut war. Metzger und Bäcker waren vertreten sowie ein Store. Am Ende des Hafens befand sich die Nichelson-Werft.

Ein schwarzer Junge bietet lauthals die lokale Ausgabe des "Tri-Weekly-Gazette" an.

"Darf ich mich setzten, Mister?" Ein Mann etwa Mitte 60 unterbrach die Gedanken von Roman". Wortlos deutete Roman auf den gegenüberliegenden Sessel des Tisches.

"Mein Name ist David O'Peafield, ich reise nach St. Louis."

"Roman", stellte sich Roman kurz vor.

Der Mann wollte offensichtlich ins Gespräch kommen. "Reisen sie auch alleine?" Seine Aussprache war kurz, knapp und hatte einen militärischen Tonfall.

"Mhm", Roman wollte am liebsten genau das.

"Das erste Mal unterwegs?", der Mann ließ sich nicht abweisen.

"Mhm."

"Ich nicht, ich kenne die Gegend hier ziemlich gut. Bin die Strecke einige Male hin- und hergefahren."

"Aha."

"Ja, vor 3 Monaten das letzte Mal auf einem Kriegsschiff als Waffenoffizier. Da hatte ich noch die Uniform der Südstaaten an. Am 10. April kam der Kapitulationsbefehl von General Edward Lee. Meine Einheit musste das Schiff verlassen, alle sollten die Uniform ausziehen und sämtliche Waffen abliefern. Es hieß, jeder, der die Uniform der Südstaaten trägt, wird erschossen. Wir konnten vor Glück sagen, dass wir nicht in Gefangenschaft mussten, wohl deshalb, weil wir nicht unmittelbar an einer aktiven Kriegshandlung beteiligt waren."

Jetzt wurde Roman doch neugierig. "Was ist dann passiert?"

"Nichts, Mister, einfach nichts, von heute auf morgen waren wir keine Soldaten mehr." Mister O'Peafield verzog wehmütig das Gesicht. Kein Sold, keine Arbeit, keine Unterkunft. Jetzt bin ich auf dem Weg nach St. Louis."

Roman fragte lieber nicht, woher ein Waffenoffizier der Südstaatler das Geld für eine Schiffsfahrt hatte.

"In St. Louis ist die Vereinigung der "Lost Cause" gebildet worden, die United Confederate Veterans (UCV). Die kümmern sich um unsere ehemaligen Soldaten.", sagte O'Peafield.

"Lost Cause?"

"Ja, die verlorene Sache, wenn sie so wollen. Ich denke, dass da was dran ist."

"Was sind denn das für Sachen?"

"Mister Roman, ich kann ihnen die Meinung der UCV erklären, die ich persönlich auch teile."

"Jetzt bin ich aber neugierig."

O'Peafield fing an die Ansichten der UCV zu erklären. Er bediente sich dabei in so einer Art Aufzählung, als hätte er das "Programm der UCV" auswendig gelernt:

"Die Vereinigten Staaten sind eine christliche Nation und die Südstaaten mussten einen religiösen Krieg gegen den Norden führen.

Außerdem musste sich der Süden gegen die aggressive, geldgierige Nordstaaten verteidigen. Die UCV nennt es "Krieg der nördlichen Aggression".

Viele Armeegeneräle sind verraten worden.

Der Norden war dem Süden haushoch überlegen.

Die Sezession verursachte den Bürgerkrieg, nicht die Sklaverei. Nicht alles war schlecht im Süden.

Die Niederlagen auf dem Schlachtfeld waren eine zwangsläufige Folge der Überlegenheit des Nordens an Kräften und Mitteln.

Niederlagen waren aber auch die Folge von Verrat und Inkompetenz einzelner Untergebener General Lees."

Damit beendete der ehemalige Waffenoffizier der Südstaaten seinen Vortrag und sah Roman an, als warte er auf eine Reaktion.

Roman der diese Sätze schon ein paar Mal hörte, jedoch nicht in so konzentrierter Form hatte genug.

"Eine Frage noch, Mister O'Peafield. Mussten sie nicht einen Eid auf den dreizehnten Verfassungszusatz leisten?"

Der ehemalige Waffenoffizier sah Roman verblüfft an.

"Nein, Mister, davon haben wir erst später gehört, aber ich werde den Eid nicht leisten. Das bin ich meiner Nation schuldig. Außerdem, das wird ihnen ja bekannt sein, haben die Staaten Mississippi und auch Kentucky diesen Zusatz abgelehnt. Er ist ja auch noch nicht ratifiziert worden." Damit stand O'Peafield auf und verließ das Deck.

Roman verlies den Speiseraum und begab sich auf das oberste Deck. Es war früher Nachmittag geworden, die Sonne stand fast im Zenit. Der Kapitän hatte am Deck Planen aufstellen lassen, die den Passagieren Schatten spendeten.



VICKSBURG, MISSISSIPPI

Station Vicksburg. Etwa zwei Stunden Aufenthalt. Hier soll frisches Wasser und Nahrungsmittel aufgenommen werden.

Vicksburg liegt am Ostufer des Mississippi. Er macht vor der Stadt einen Knick um 180 Grad. Das Land dazwischen ist ein dünner Landstrich, die "De-Soto-Halbinsel".

Gebäude, Felder und Wiesen liegen auf einer Berghöhe von 60 Meter und erstrecken sich von Haynes Bluff, zwölf Meilen nordöstlich am Yazoo, bis zur Mündung des Big Black in den Mississippi, 30 Meilen südlich. Der Mississippi war ursprünglich am Ufer flach. Man musste wegen der Anlegestellen jede Menge Sand und Stein entfernen.

Lastkähne und Passagierschiffe liegen zwischen fest verankerten Hausbooten. Ein Ruderboot mit zwei Personen an Bord hat einen Baumstamm im Schlepptau. Dazwischen mehrere Einmannsegler.

Der Strand ist etwa 100 Meter breit, bevor die Häuserreihe anfängt. Auf ihm herrscht reges Leben. Es wird mit allem gehandelt, was die Bevölkerung nach dem Krieg benötigt.

Die Häuser sind auf dem Berghang treppenartig angebaut. Dazwischen lugen drei Kirchtürme hervor. Oben auf dem Berg, in bester Lage, ist eine Burg zu sehen.

Das idyllische Bild aus der Ferne hat sich verändert, als die "Belle of Louisville" anlegt. Fast alle Häuser sind nur noch Ruinen. Die Kirchtürme ohne Spitzen, die Burg fast vollständig zerstört.

Diese Stadt hatte, genau wie viele andere, währender der Zeit des Sezessionskrieges, eine schlimme Vergangenheit.

Zwischen dem 14. und 17. Mai 1863 kämpften 23000 konföderierten Soldaten gegen 29000 "Unions" bei Champions Hill zwischen Jackson und Vicksburg. Es wurde eine schwere Schlappe für die Sezessionisten. Was davon übrig blieb, flüchtete nach Vicksburg.

Die Truppen der Bundesstaatler hatten daraufhin Vicksburg umstellt, die Halbinsel "De-Soto" vor dem Hafen von Vicksburg besetzt und ihre schwere Artillerie in Stellung gebracht.

Beide Seiten setzten hier Scharfschützen ein, die dem Gegner zahlreiche Verluste bescherten. Einer der bekanntesten aus dem konföderierten Lager mit Nachnamen Elliot wurde wegen seiner Einäugigkeit "Old One Eye" genannt. Er hatte auf 1000 Yards mit einer schweren belgischen Präzisionsbüchse die Brigadegeneräle Isham Garrot und Martin Edward Green sowie den Regimentskommandeur Oberst Eugene Erwin ausgeschaltet.

In der Nacht zum 22. Bis 23. Mai 1863 wurde die Stadt mit Kanonenbooten und Artillerie beschossen und praktisch dem Erdboden gleichgemacht. Kein Wunder, denn Lincoln selbst hatte Vicksburg als "der Schlüssel" bezeichnet, um die Kontrolle über den Mississippi als Nachschub für Material und Nahrung für das Militär zu haben. Dennoch sollte es noch bis zum 9. Juli 1863 dauern, bis die Konföderierten ihre Waffen streckten.

In der Zeit des Artilleriebeschusses und der Belagerung hatte die Zivilbevölkerung an der Rückseite der Berghöhen Höhlen gegraben, um sich in Schutz zu bringen.

Seit der Einnahme von Vicksburg ist ein beträchtlicher Teil der Rebellenarmee im Mississippi-Tal aufgelöst worden und eine große Anzahl von Männern ist in den Süden nach Missouri zurückgekehrt. Viele von ihnen hatten die Hoffnung, wieder in ihren früheren Häusern leben zu können. Manche haben sich aus Liebe zur Nation miteinander verbündet, um einen Guerillakrieg anzufangen. Andere wiederum, nutzen die Gelegenheit aus, die Übergangszeit zwischen Krieg und Frieden zu nutzen, um als Marodeure umherzuziehen.

Heute hat die Stadt etwa 5000 Einwohner. Registrierte Bürger, wenn man davon absieht, dass Glücksspieler, Durchreisende, fliegende Händler und andere Abenteurer ihre Zelte zeitweilig oder auch für immer aufgeschlagen haben.

Die Stadt ist fast vollkommen zerstört und befindet sich jetzt im Wiederaufbau. Überall sind noch Trümmerhaufen zu sehen. Als Erstes sind natürlich die Salons und Stores wieder da.

Die USS Cairo, ein gepanzertes Kanonenboot, wurde im Dezember 1862 vor Vicksburg versenkt und rund 100 Jahre später aus dem Mississippi-Schlick zusammen mit Hunderten von Gegenständen aus dem Besitz der Mannschaft gehoben, weitgehend restauriert und ausgestellt.



MEMPHIS, TENNESSEE

Wir kommen in Memphis am Hafen an, eine Stadt mit etwa dreiundzwanzigtausend Einwohner und sehen geknickte Schornsteine, zerstörte Häuser und aufgewühlter Erde. Die Folge eines Erdbebens am 17. August 1865, also gerade mal 10 Tage her.

Durch die Erschütterung wurde die Erde im Fluss gelockert. Dadurch wurden mitten auf dem Mississippi die Überreste der "Sultana" teilweise freigelegt. Ein riesiger Raddampfer, mit 4 Decks und Oberdeck. Der gewaltige Schiffsrumpf oder das was noch von ihm übrig war, ragten aus dem Wasser. Das Wrack wurde nach und nach auseinandergenommen und mit Pferdekraft und Seilen an Land befördern. Seine großen Schornsteine lagen bereits am Ufer.

Der Kapitän erklärte den Passagieren mittels einer Flüstertüte den Verlauf der Katastrophe, soweit man sie nachvollziehen konnte.

Demnach spielte sich die Katastrophe etwa so ab:

Am 27. April 1865 nachts explodierte die "Sultana". Überlebende Passagiere berichteten, dass ein Dampfkessel ohne Wasser explodierte.

Durch die Wucht durchbrachen scharfkantige Stücke des Kessels die darüberlegenden Decks und richteten schweren Schaden an Passagieren und dem Schiff an. Die glühende Kohle im freigelegten Heizraum brachte das Schiff zum brennen.

Es sollen über zweitausendfünfhundert Passagiere an Bord gewesen sein, also ein stark überladenes Schiff, auf dem sich Unions-Soldaten befanden, die aus der Gefangenschaft entlassen wurden. Außerdem waren auch Frauen und Kinder an Bord.

Nur achthundert Personen überlebten die Katastrophe. Bis heute ist noch nicht geklärt, ob ein Unfall oder eine Sabotage die Explosion verursachte.




Ein unterhaltsamer Abend


Wir befinden uns im Jahr 1865. Die konföderierten Staaten haben den Sezessionskrieg gegen die Nordstaaten verloren und mussten sich verpflichten alle Sklaven ihre Freiheit zu geben. Es ist Donnerstag, der 1. Juni 8 Uhr Abends. Unsere Geschichte spielt auf dem Raddampfer "Belle of Louisville".

Auf dem Mitteldeck im großen Salon sind alle Passagiere und der Kapitän versammelt. Die Crew hat Tische und Stühle so gruppiert, dass es wie eine Theaterveranstaltung wirkt, was im Grunde genommen ja auch gleich passieren wird. Wegen der sommerlichen Temperaturen sind alle Fenster geöffnet. Alle Lampen sind angezündet. Das Mondlicht, das durch die offenen Fenster scheint, unterstreicht noch die Szene. Alle sind erwartungsvoll und gespannt auf die kommende Aufführung.

Auftritt Fav. Ein Schwarzer, etwa 1.90 Meter groß. Er ist wie ein Sklave gekleidet, lange Hose, Hosenträger, zerschlissenes Hemd, Sandalen und Ketten an den Füßen. Trommelwirbel. Fav schlurft wegen der Ketten zur Mitte der Kulisse und setzt sich auf den Boden.

Auftritt Qax und Cevi. Beide kleinwüchsig, etwa 1,20 Meter groß. Gekleidet wie Plantagenbesitzer. Breit-krempige Hüte, Baumwollanzüge, schwarze Schuhe mit Gamaschen. Qax hat ein Banjo und Cevi eine Trompete. Sie spielen eine Art Jazz.

Ah, da ist er ja. Wir haben dich gesucht.

Schön das du da bist, wir haben eine Überraschung für dich.
(Spielt eine Melodie auf seinem Banjo.)

Was wird das schon sein, Mister? Doppelte Arbeit? Noch mehr Peitschenhiebe? Ich habe gehört, das soll sich bald ändern.

Ja, bald, aber wenn du willst, kannst du jetzt schon deine Freiheit haben und gehen wohin du willst.

Schade, wir haben in der Vergangenheit gut zusammengearbeitet.
(Lacht und trompetet dann eine kurze Tonfolge.) Also wenn du willst, wir haben uns was Schönes ausgedacht.

(Ungläubig) Ach, da bin ich aber neugierig.

Pass auf, wenn du für uns tanzt bist frei. Du kannst doch tanzen?
(Beide spielen eine kurze Melodie auf ihren Instrumenten.)
(Zum Publikum) Wir sind gespannt, ob er das macht. Wir müssten ihn eigentlich sofort freilassen, da der Sezessionskrieg vorbei ist. Aber erst wollen wir unseren Spaß haben. Sie aber sicher doch auch, verehrte Zuschauer.

(Pfiffe und Beifall, vereinzelt Protestrufe.)

(Überlegt...) Tanzen? Was meint ihr damit? Ihr macht Musik und ich soll tanzen?

Genau, danach kannst du gehen, wohin du willst.

Ich habe aber Fußfesseln. Wie soll das gehen?
(Bewegt die Beine. Die Ketten klirren.)

Das ist ja das Schöne, du kannst dich in die Freiheit tanzen.
Es wird nicht lange dauern. (Beide spielen eine Melodie um FAV aufzufordern.)

(Nach einiger Überlegung).... Ok, ich mach es
(Steht auf und sieht sich erwartungsvoll um.)
(Zum Publikum) Die beiden werden sich wundern, wie ich tanzen kann.

(Pfiffe und Beifall, vereinzelt Protestrufe.)

Na los!
(Banjo und Trompete spielen laut die Nationalhymne der Konföderierten von George Henry Miles ,alias Ernest Halphin: "God Save the South")

(Bewegt sich langsam im Rhythmus der Melodie. Ketten klirren.)

(Pfiffe und Beifall, vereinzelt Protestrufe.)

(Zum Publikum) Na bitte, was haben wir gesagt, der macht alles, damit er freikommt. Sklaven sind für uns nur Material, das wir in Plantagen einsetzen. Leider haben wir den Krieg verloren, aber wir werden Mittel und Wege finden, damit auch in Zukunft unser Einkommen gesichert ist.

(Pfiffe und Beifall, Protestrufe werden immer lauter. Tumult kommt auf.)

Qax und Cevi spielen weiter bis der Lärm der Zuschauer die Musik übertönt. Dann setzt die Musik aus. Fav hört auf zu tanzen und dreht sich erwartungsvoll zu den beiden Zwergen hin.

(Beruhigt sich)

Was ist jetzt? (Bewegt die Beine, so dass die Ketten klirren.)

(Zu Qax) Ja, was ist jetzt? Sollen wir ihn freilassen?

(Zu Cevi) Hm, er sollte noch eine Runde drehen, diesmal aber schneller. OK?

(Zu Qax) OK, so machen wir's. (Beide spielen wieder die Hymne, diesmal aber in schnellerem Tempo.)

(Tanzt einige Takte, fällt hin. Steht auf, tanzt weiter und fällt wieder hin. Musik setzt aus.)

(Pfiffe und Beifall, vereinzelt Protestrufe.)

Es geht nicht! Die Musik ist zu schnell. (Zeigt auf seine Fußfesseln, hebt die Beine, die Ketten klirren.)

Was heißt, es geht nicht. Du willst doch frei sein.

Ich sagte doch, es geht nicht! Die Musik ist zu schnell. (Zeigt nochmal auf seine Fußfesseln.)

(Zu Qax) Er kann nicht tanzen, wir sind ihm zu schnell. (Lacht hämisch)

(Zu Cevi) Dann muss er wohl unser Sklave bleiben. (Lacht hämisch)

(Buh- und Beifalls-Rufe.)

Qax und Cevi spielen weiter bis der Lärm der Zuschauer die Musik übertönt. Sie laufen in Richtung Ausgang. Fav ruft die beiden zurück. Die Musik setzt aus.

Ich mache euch einen Vorschlag.

Qax und Cevi: (Gleichzeitig.) Da sind wir aber neugierig. (Beide lachen.)

Also, ich habe mir folgendes überlegt: Ihr zeigt mir wie man bei schneller Musik tanzen kann und ich werde für immer euer Sklave sein. (Macht tänzelnde Bewegungen.)

(Sieht Qax an) Was meint er damit? (Zuckt mit den Schultern.)

(Zu Cevi) Was wohl? Aber jetzt mal ehrlich, wir hätten für immer einen Sklaven der alles für uns macht und könnten in Zukunft ein faules Leben führen.

Du hast recht Cevi, wir tanzen ein paar Takte, dann behalten wir den Fav. (Zum Publikum) Das hättet ihr nicht erwartet, liebes Publikum

("Ja" ... "Nein"... Johlt)

Qax und Cevi laufen zu Fav und geben ihm Banjo und Trompete. Dann stellen sie sich in Position.

Moment, so nicht. Ihr müsst euch die Kette anlegen. Ihr müsst das genauso machen wie ich. (Deutet auf seine Füße.)

(Pfiffe, Beifall, Lachen und vereinzeltes Klatschen.)

Qax und Cevi sehen sich an. Beide wissen nicht was sie machen sollen. Die Aussicht, einen Sklaven für immer zu haben oder die Erniedrigung vor einem schwarzen Sklaven zu tanzen. Qax und Cevi flüstern und diskutieren. Fav spielt auf der Trompete eine leise Melodie. Schließlich haben beide einen Entschluss gefasst.

(Zum Publikum.) Hallo Leute, das hab' ich mir gedacht. Die Zwei können den Bauch nicht voll genug kriegen. Ich verwette meine Freiheit oder das was davon übrig ist, dass die Zwei mitmachen. (Spielt auf dem Banjo.)

(Wartet voller Spannung auf eine Entscheidung.)

Ok, wir machen es.

Ok, wir machen es.

Fav löst seine Fußketten und legt sie Qax an das rechte Bein und Cevi an das Linke. Beide stellen sich in Position.

Auf geht's!
Spielt mit der Trompete laut die Nationalhymne der Union: "The Battle Hymn of the Republic" von der Sklaverei Gegnerin Julisa Howe. Qax und Cevi beginnen unbeholfen zu tanzen und behindern sich gegenseitig wegen der Kette an den Füßen.

(Pfiffe, Beifall, Lachen und vereinzeltes Klatschen.)

(Laut.) Weiter, weiter!

Qax und Cevi tanzen weiter. Beide 1,20 Meter groß, gekleidet wie Plantagenbesitzer, angekettet an den Füßen tanzen vor einem schwarzer Sklaven 1,80 Meter groß. Es sieht lustig und gleichzeitig tragisch aus. Das Publikum wird unruhig. Fav spielt schneller. Qax und Cevi fallen hin. Stehen auf und taumeln auf der Stelle. Schließlich bleiben sie stehen.

(Hört auf zu spielen. Ruhe im Saal.) So liebes Publikum, die Show ist zu Ende. Ich hoffe es hat euch gefallen.

(Pfiffe, Beifall, Lachen, Bravo-Rufe, Buh-Rufe)

Fav löst die Fußfessel von Qax und Cevi und nimmt nimmt die beiden auf die rechte und linke Schulter. Diese spielen auf ihren Instrumenten eine Art Jazz. Fav tanzt rhythmisch zum Takt und bewegt sich zum Ausgang.

(Abklingende Pfiffe, Beifall, Lachen, Bravo-Rufe, Buh-Rufe zum Abschied)



CAIRO, ILLINOIS

Cairo liegt ziemlich genau am Zusammenfluss des Mississippi und dem Ohio-River. Der Name Cairo stammt von dem Landbesitzer John G. Comegys, der im Jahre 1803 das 1800 Hektar große Areal zwischen den beiden Flüssen aufkaufte. Comegy sah eine Ähnlichkeit zwischen dem Delta-Nil und dem Missisippi River Valley und so gab er dem Stück Land den Namen Cairo. Die Einheimischen sprechen Ihre Stadt liebevoll "Care-O" aus.

Wegen des Verlaufs der beiden Flüsse bildet der Ort eine Art Halbmond. Auf der Seite des Ohio-Rivers, sozusagen die gerade Seite des Halbmondes, war aufgrund seiner geografischen Lage schon begradigt, wurde aber wegen seiner militärischen und wirtschaftlichen Bedeutung weiter ausgebaut. Im Jahre 1858 hatte Cairo ungefähr 2000 Einwohner, war seitdem ständig im Wachsen.

Die halbrunde Stadt war auf einem Gefälle zur Hafenseite gebaut. Der Reisende per Schiff hat einen übersichtlichen Blick auf Cairo, zumal alle Straßen, ähnlich wie New Orleans, symmetrisch angelegt waren.

Auf seiner Reise durch Amerika im Jahre 1841 beschrieb der schon damals bekannte Schriftsteller Charles Dickens das Nest Cairo so:

"Endlich, am dritten Morgen, erreichten wir einen so öden und wüsten Punkt, dass die eintönigsten Gegenden, durch die wir gekommen waren, in Vergleich mit diesem voll Reiz und Interesse waren.
Am Zusammenfluss der beiden Ströme, auf einem so niedrigen und flachen Sumpfboden, dass zu gewissen Jahreszeiten die Überschwemmung bis an die Dachgiebel reicht, liegt eine Stadt, wo Fieber, Elend und Tod wachsen; ein Ort, der, in England als Goldmine gepriesen, viele, die den Lügenberichten von hier aus glauben, zu verderblichen Spekulationen verleitet.
Ein entsetzlicher Sumpf, auf dem die halb fertigen Häuser hinfaulen: hie und da ein paar Ellen weit ausgetrocknet, und mit einer üppigen Giftvegetation bewachsen, in deren todbringendem Schatten der arme, hierher verlockte Auswanderer bald verschmachten und sein Gebein in die Grube legen muss, bespült vom verhassten Mississippi, der sich dann gegen Süden wie ein schleimiges Ungeheuer, scheußlich anzusehen, hinwegwendet; ein Mistbeet, in dem das Siechtum reift, eine hässliche, trostlose Gruft: ein Ort, wo weder Erde noch Luft, noch Wasser sich durch die geringste Eigenschaft empfehlen, das ist dieses schreckliche Cairo.

(Charles Dickens: Aufzeichnungen aus Amerika, Kapitel 13)

Der Ort ist nicht gestorben, wie Dickens prophezeit hatte, jedoch auch nicht so gewachsen wie andere es erhofften.

Außerdem ist hervorzuheben, dass hier ein berühmter Mann seine militärische Laufbahn begann und zweimal zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde. Präsident Lincoln höchstpersönlich förderte den genialen Brigade-General Ulysses Grant, nachdem der sich um die Einberufung vertriebener afroamerikanischer Sklaven in die Armee der Nordstaaten verdient gemacht hatte. Darüber hinaus hatte der ehemalige Ledermacher durchgreifende militärische Erfolge erzielt, die nicht unumstritten waren.

Sein größter Erfolg war jedoch die Kapitulation des Südstaaten-Anführers General Robert Lee in Appomattox, Virginia. Der Kapitulation ging eine umfangreiche Korrespondenz zwischen den beiden Anführern der Kommandeure voraus. Beide versuchten, ein ehrbares und akzeptables Ende des blutigen Krieges zu finden, das schließlich mit der Unterschrift im Appomattox-Cout-House besiegelt wurde.



ST. LOUIS, MISSOURI

Die" Belle of Louisville" ist endlich am Ziel ihrer Reise angekommen.

Damals im April 1861 als der Sezessionskrieg ausbrach, war St. Louis die wichtigste Stadt im Westen. Obwohl sie nicht direkt am Kriegsschauplatz beteiligt war, brachten die Auseinandersetzungen viel Not und Leid über die Bevölkerung, denn durch die Einstellung des Flussverkehrs im Mississippi wurde die Stadt praktisch vom Rest der Welt abgeschnitten. Das hatte zur Folge, das Chicago, Illinois, wirtschaftlich das Rennen um die führende Stadt im Westen der USA gewann.

Die rund 170.00 Einwohner machte sie zur viertgrößten Stadt hinter New York, Philadelphia, und Brooklyn.

Jetzt ist James H. Britton von den Demokraten der 23. gewählte Bürgermeister von St. Louis.

Der Hafen ist begradigt und mit einem erhöhten Damm, dem sogenannten Levee, ausgebaut. Die Eisenbahnlinie, dessen Präsident William Tecumseh Sherman ist, verläuft auf dem St. Louis River Front, also direkt hinter dem Levee, entlang des Hafens. Die Häuser der Innenstadt sind wie mit dem Lineal gezogen und die Straßen.

Der Friedhof Bellefontaine liegt etwa fünf Meilen nördlich vom Herzen von St. Louis nicht weit vom Ufer des Mississippi entfernt.

Zum Schluss möchte Roman eine kleine bekannte Geschichte hinterlegen:

A black man walked into a cafe one morning and noticed that he was the only black man there. As he sat down, he noticed a white man behind him.
The white man said,
"Colored people are not allowed in here...."
The black man turned around and stood up. Then he said,
"when I was born I was black,
when I grew up I was black,
when I'm sick I'm black,
when I go in the sun I'm black,
when I'm cold I'm black,
when I die I'll be black,
but you sir
you're born you're pink,
when you grow up you're white,
when you're sick you're green,
when you go in the sun you turn red,
when you're cold you turn blue,
when you die you turn purple,
and you have the nerve to call me colored?"

The black man then sat back down and the white man walked away...

Ein schwarzer Mann ging eines Morgens in ein Café und bemerkte, dass er der einzige schwarze Mann dort war. Als er sich hinsetzte, bemerkte er einen weißen Mann hinter ihm.
Der weiße Mann sagte,
"Farbige Leute sind hier nicht erlaubt ..."
Der schwarze Mann drehte sich um und stand auf.
Dann sagte er,
"Als ich geboren wurde, war ich schwarz,
als ich aufgewachsen bin, war ich schwarz,
wenn ich krank bin, bin ich schwarz,
wenn ich in die Sonne gehe, bin ich schwarz,
wenn ich kalt bin, bin ich schwarz,
wenn ich sterbe, werde ich schwarz sein.
Aber du Herr ..,
wenn du geboren bist, bist du rosa,
wenn du groß bist, bist du weiß,
wenn du krank bist, bist du grün,
wenn du in die Sonne gehst, wirst du rot,
wenn du kalt bist, bist du blau,
wenn du stirbst, wirst du violett
und du hast den Nerv, mich farbig zu nennen? "
Der schwarze Mann setzte sich dann zurück und der weiße Mann ging weg...