Willkommen auf meinen Webseiten

Vorwort

Kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs zwischen den Nordstaaten und den konföderierten Truppen im Süden, ereignete sich das schwerste maritime Unglück in der Geschichte der USA. Die Sultana, ein Dampfschiff explodierte, verbrannte und sank in Vicksburg auf den Grund des Mississippi.

Diese kleine Geschichte soll an die vielen Toten und Verwundeten erinnern, aber auch Gier nach Geld und der damit verbundenen Bestechlichkeit der Verantwortlichen hervorheben.

Die Opfer waren zum größten Teil ehemalige Kriegsgefangene der Südstaaten, die in den Streitkräften der Union gedient hatten und jetzt von Vicksburg über Memphis und dann nach Cairo verschifft und anschließend in die Heimat in die Vereinigten Staaten von Amerika befördert werden sollten.

Historiker sagen, dass die Anzahl der Toten, die der Titanic übertrafen. Es sollen zwischen 700 und 800 Überlebende gegeben haben.

Die Katastrophe wurde jedoch durch ein anderes Ereignis überschattet, der man durch ihre politische Bedeutung größere Aufmerksamkeit schenkte: Ein paar Tage vorher, am 15. April 1865 ist Präsident Lincoln ermordet worden.



Das Schiff

Um die ganze Geschichte zu verstehen, müssen wir die Sultana etwas näher kennenlernen.

Fertiggestellt, im Februar 1863 in der John Litherbury Werft für den Eigner, Kapitän Preston Lodwick. 1864 wurde das Schiff an drei Investoren verkauft, einer davon war J. Cass Mason, der jetzige Kapitän.

Der Steamer hat vier Decks und ist etwa 80 Meter lang. Ganz oben ist das Steuerhaus, dass, wie alle Dampfschiffe dieser Zeit, nur mit einem Steuerrad, Kompass und sonstigen nautischen Geräten ausgerüstet ist. Andere Funktionen werden im Maschinenraum ausgeführt. Auf der Brücke werden die Befehle des Kapitäns durch ein Sprachrohr durchgegeben.

Angetrieben wird das Schiff von zwei seitlichen Paddelräder, die an zwei Zwillingsmotoren gekoppelt sind. Vier Wasserrohrkessel zur Dampferzeugung, die auf dem Hauptdeck zwischen den Paddelrädern gebaut sind, werden mit Holz und Kohlen beheizt. Zwei Schornsteine, etwa zwanzig Meter hoch, ragen aus dem Schiff nach oben.

Die riesigen Schaufelräder sind mit Holz und Leinen verkleidet. Man hatte auf die Leinen beiderseits die Wörter "SULTANA" ganz groß aufgemalt.

Das Schiff ist aus Holz und für maximal dreihundertsechsundsiebzig Passagiere und fünfundachtzig Crewmitglieder erbaut.

Die Sultana ist auf dem neuesten Stand der Technik, einschließlich der Sicherheitsausrüstung. Ausgerüstet mit drei Feuerlöschpumpen, 250 Meter Wasserschlauch, 76 Rettungsgürtel. Eine hölzerne Jolle und ein Rettungsboot aus Metall.



Überfüllt und überladen

Wir schreiben den 27. April 1865. Der Kapitän Mason bekommt heute ein ganz besonderes Angebot. Lieutenant Colonel Reuben Hatch, der Hauptquartiermeister für das Department in Vicksburg, ist bereit für jeden Soldaten fünf Dollar und für jeden Offizier zehn Dollar an den Kapitän zu zahlen, der aus dem Gefangenenlager in Vicksburg, Mississippi, verschifft wird und in Cairo, Illinois, ankommt. Lebendig natürlich. Das Geld wird von den siegreichen Nordstaatlern bezahlt, die ihre Soldaten aus der Gefangenschaft nach Hause bringen wollen.

Das Angebot: Hatch will an dem Deal auch seinen Anteil haben und erhöht die Anzahl der offiziellen Passagiere. "Alles was über die zugelassene Passagiermenge hinausgeht, diesen Gewinn teilen wir uns auf.", bietet er dem Kapitän an.

Der wittert ein Geschäft und schlug ein. Womit er aber nicht rechnete, war ein Defekt in einem der vier Kessel, deren Dampf die Turbinen antreiben. Durch einen Riss im Druckbehälter tritt heißes Wasser aus. Der Schaden musste sofort behoben werden, weil andere Schiffskapitäne schon drauf warteten, sich so ein lukratives Nebengeschäft nicht entgehen zu lassen.

An dieser Stelle kann man sich Gedanken darüber machen, ob einer der 4 Kessel der Sultana die Ursache der Explosion war.

Die Wasserrohrkessel sind zwar erst drei Jahre alt, aber in schlechtem Zustand. Einer hatte zwei Reparaturen in zwei Monaten hinter sich. Auch war angeblich 15 Tage vorher eine Inspektion erfolgt.

Das Kesselmaterial ist aus schlechtem Eisen hergestellt, denn es wird spröde, wenn es wiederholt überhitzt und gekühlt wird.

Zur Dampferzeugung wird das das Wasser aus dem Mississippi grob gesiebt und direkt in die Steigrohre der Anlage gepumpt, denn es gibt keine Wasseraufbereitung. Der Schlamm wird sozusagen mitgekocht und setzt sich in den Rohren fest.

Der Kessel der Sultana hat 12 kleine Sicherheitsventile um einen Überdruck zu kontrollieren, normalerweise sind zwei große Ventile eingebaut. Durch den Schlamm des Mississippi ist der Dampf verunreinigt und die kleinen Ventile werden verstopft.

Mason beauftragt also den "Boilermaker", Taylor, der mit seinem Helfer den Riss im Druckbehälter beseitigen soll. Auf Anordnung des Kapitäns wird unter Zeitdruck die Reparatur nur flüchtig ausgeführt. .

Während der Kessel noch immer in Arbeit ist, beginnt Mason bereits mit der Verladung der Soldaten.

Am Ende ist die genaue Anzahl nicht bekannt, da das Schiff in drei Etappen beladen wird. Man hatte beim Beladen nur die Menge der Passagiere der ersten beiden Etappen addiert.

Einer der Soldaten sagte: "Die Zustände sind schlimmer als beim Verstauen von Vieh." Ein anderer: "Schweine sind besser dran als wir." Ein Dritter: "Wie die Schafe zur Schlachtung."

Tatsächlich ist es so, dass die ehemaligen Soldaten körperlich und seelisch in einer schlechten Verfassung sind. Viele noch verwundet oder verstümmelt, manche halb verhungert, weil es in den Gefängnissen nichts zu essen gab.

Einer hörte, wie der Quartiermeister sagte: "Kapitän, das Schiff versinkt, wenn wir jetzt noch einen aufnehmen."

Ein Offizier unter Mason, der das alles nicht mit ansehen konnte, wollte die Leute auf noch zwei bereitstehende Schiffe verteilen, wurde gefeuert.

Da das Schiff überladen war, so schilderten Überlebende später, wurde es notwendig, dass das Mitteldeck zusätzlich abgestützt werden musste.

Beim Auslaufen, so Historiker, sind 2300 Menschen, einschließlich der Crew, an Bord. 2100 Soldaten, etwa 100 zivile Passagiere und 85 Besatzungsmitglieder. Mehr als das Sechsfache des zugelassenen Grenzwertes.



Nach Memphis, Tennessee

Die Sultana macht sich am 24. April 1865 um 21 Uhr langsam auf den Weg nach Norden. Der Mississippi führt, wie meistens um diese Jahreszeit, Hochwasser, deswegen sind die Sandbänke und Deichen überlaufen und die Strömung schnell.

Die Sultana macht trotz ihrer Überladung keine Probleme. Alle Soldaten freuen sich schon auf ihre Ankunft in Cairo, wo die Reise weitergehen würde, nach Norden, in die Heimat. Trotz ihrer Verwundungen, der Unterernährung und die Erinnerungen an die Gräuel des Krieges ist die Stimmung gut. Denn jetzt ist er ja vorbei, der große Sezessionskrieg zwischen den beiden Staaten, der Amerika in zwei Hälften teilte. Vorbei auch Die Kämpfe, Belagerungen und Gefangenschaft sind Vergangenheit, jedenfalls für die Soldaten auf dem Schiff.

Es hat sich herumgesprochen, dass ein Fotograf am Westufer seine Kamera aufgestellt hat. Die meisten Passagiere hofften, auf dem Foto abgebildet zu sein und gehen auf die Seite des Fotografen, wodurch die Sultana gefährlich kränkte. Dieses Foto sollte das letzte Bild des Dampfers überhaupt werden. (A. d. Hrsg.: Dieses Fotot existiert tatsächlich. Aus Gründen des Urherberrechtes kann es hier nicht veröffenlicht werden.)

Spät am Abend trifft die Sultana in Memphis ein.

"Die Reise war sehr mühsam.", erinnerte sich ein Soldat. "Trotz der vielen Passagiere haben wir es ausgehalten. Der Gedanke, dass wir auf dem Weg nach Hause waren, hat uns allen geholfen. John Davis, Georg Hügel, William Wheeler und ich, die in derselben Einheit waren, hatten einen kleinen Platz auf dem Kesseldeck, etwa zwanzig Meter vom Heck des Bootes eingenommen."

Ein anderer, der in Athens, Alabama, gefangen genommen wurde, erinnerte sich daran, dass er in Memphis von den Einheimischen etwas zu Essen bekam. Dann ging er wieder zurück auf seinen Platz auf das überfüllte Kabinendeck.

Ein Soldat der bei der Schlacht in Cold Harbor bei Richmond, Virginia, gefangen genommen wurde, hatte ein Gebetbuch dabei. Abends in der Dunkelheit sang er daraus das Lied "Sweet Hour of Prayer". Er hoffte, die andern Gefangenen von ihrem Leid etwas abzulenken.

Zwei Kameraden, die ihre Decken auf dem Kabinendeck hatten, erinnerten sich: "Gerade als die Sultana Memphis verlassen wollte, kam Kapitän Mason von unten herauf, um in seine Kabine zu gehen. Das Deck war so voll, das der Kapitän gezwungen war, über die liegenden Gefangenen zu steigen. Darüber haben sich viele lustig gemacht."

Abends am 26. April 1865 wird Kohle gebunkert. Zu dieser Zeit schlafen schon die meisten. Kurz nach Mitternacht läuft das Schiff aus.



Die Katastrophe

Am 27. April, nachts um 2:40 Uhr, explodiert der unzulänglich reparierte Wasserrohrkessel der Sultana mit einem gewaltigen Knall. Innerhalb weniger Minuten die beiden anderen, die im Rumpf des Schiffes verheerende Zerstörungen bewirken. Die glühenden Kohlen im freigelegten Ofen des Heizraums bringen das untere Deck zum Brennen. Bald darauf verlieren die beiden schweren Schornsteine ihren Halt und zerstören das Hurrikan-Deck (Das obere Deck, weil der Wind dort immer bläst). Das Feuer findet schnell Nahrung an dem hölzernen Rumpf und den Decks und in wenigen Minuten steht das gesamte Schiff in Flammen.

Niemand kann die Ereignisse so gut schildern, wie die Überlebenden selbst. Deshalb lassen wir von den etwa achthundert überlebenden Passagieren einige zu Wort kommen:

"Wir hatten ungefähr eine Stunde an Deck geschlafen, als wir durch die Explosion geweckt wurden. Männer, brennendes Holz und glühende Kohlen wurden über uns hinweggeschleudert. Dampf, schwarzer Rauch und Aschenregen nahmen uns den Atem weg."

"Ich wurde von einem schrecklichen Gebrüll meines Partners Joseph Test, aus Dayton, Ohio, geweckt. Ein Stück Holz hatte sich in seinen Körper gebohrt. Ich konnte ihm nicht mehr helfen."

"Ein Schornstein fiel durch das Hurrikan-Deck und tötete sofort John Howard von der vierzigsten Company der Indiana Infanterie. Ich war auch darunter eingeklemmt. Es gelang mir aber, mich zu befreien. Ich wollte helfen, das Feuer zu löschen, aber ich fiel durch das Hurrikan-Deck auf das untere. Ich bemühte mich, dort anderen zu helfen. Kapitän Mason kam hinzu und wir beide warfen brennende Teile über Bord. Aber dann wurde es so heiß, dass ich ins Wasser sprang."

"Ich wurde plötzlich geweckt, als meine Kleidung anfing zu brennen, mein Kamerad versuchte die Flammen zu ersticken. Die meisten Haare auf meinem Kopf waren schon verbrannt und es tat höllisch weh."

"Männer kamen voller Panik aus ihren rauchgeschwängerten Kabinen und behinderten sich gegenseitig. Es kam zu einem fürchterlichen Gedränge. Das darüber liegende Hurrikan-Deck brach zusammen und begrub viele unter sich. Endlich wurden die beiden Rettungsboote herabgelassen, konnten aber nicht alle Männer aufnehmen. Andere sprangen in den Mississippi. Das ganze Schiff stand in Flammen."

"Männer liefen hin und her und trampelten übereinander in ihren Bemühungen der Katastrophe zu entkommen. Ich sah nur noch Rauch und Flammen. Ich hörte das Geschrei von Hunderten von Verletzten und Sterbenden. Dann habe ich versucht auf das untere Deck zu gelangen, was wegen des Brandes unmöglich war. Glücklicherweise entdeckte ich ein Seil und konnte mich dann doch auf das untere Deck herunterlassen. Dort sprangen alle Männer, genau wie ich, in den Fluss. Der war aber auch schon voll mit Überlebenden, die miteinander kämpften, um irgendeinen rettenden Gegenstand zu fassen."

"Ich sah mindestens zwanzig Leute die schon leblos im Wasser trieben. Endlich wurde ich von einem Rettungsboot der "Bostonia" gerettet und mit andern zusammen in das Krankenhaus von Overton gebracht."

"Ich wurde von den Matrosen des Kanonenboots "Pocahontas" um neun Uhr entdeckt und war so erschöpft, dass sie mich hochziehen mussten."

Da keine genaue Einschätzung der Anzahl der Passagiere möglich war, konnte man auch die Anzahl der Toten und Verwundeten nicht berechnen. Die militärische Einschätzung von 1238 Opfern stütze sich auf die Angaben von beteiligten Rettungskräften und den Kliniken. In Wirklichkeit waren es mehr.

Man weiß nicht genau, wann die Sultana sank, vermutlich erst am nächsten Morgen.

Der letzte Überlebende Samuel H. Raudebaugh vom 65. Infanterieregiment Ohio, starb im Alter von 89 Jahren am 29. August 1932.



Das Nachspiel

Innerhalb von ein paar Stunden nach der Katastrophe ernannte Generalmajor Cadwallader Colden Washburn, der Kommandeur in Memphis, eine militärische Kommission um die Tragödie zu untersuchen. Nach Wochen und Befragung von Zeugen kam die Kommission Schluss, dass die Ursache des Unglücks die überfüllten Bedingungen auf der Sultana war.

Allerdings gab es schon von Anfang an widersprüchliche Meldungen über die Ursache der Katastrophe. Viele nordamerikanische Zeitungen berichteten über eine Sabotage. Das waren Mutmaßungen, die nicht zu beweisen waren.

Die Washburg-Kommision kam zum Schluss, dass einer der Kessel unzureichendes oder gar keine Wasser enthalten hatte. Trotz der gegenteiligen Bezeugungen des zweiten Ingenieurs der Sultana.

J.J. Witzig, der Aufsichtsinspektor, der alle neu gebauten Dampfschiffe genehmigen musste, hatte das abschließende Wort. Witzig behauptete, dass die unzureichende Reparatur des mittleren Kessels die Explosion verursacht hatte. Der Riss war unsachgemäß repariert worden und zu dünn, um den Druck im Kessel auszuhalten.

Unter den Todesopfern war auch Kapitän Mason, er konnte deshalb für seine Beteiligung an dem Unglück nicht mehr belangt werden.

Am Ende der Untersuchungen wurde Hatch vor ein Kriegsgericht gestellt aber es gab keine Beweise, dass er etwas mit der Bestechung des Kapitäns Manson zu tun hatte. Er wurde am 3. Juni 1865 von seinen Pflichten als Hauptquartiermeister entbunden.

In der Tat wurde niemand für den Tod der Soldaten und das Unglück der Sultana verantwortlich gemacht.


Die Legende einer Sabotage

Es gab sie schon immer und es gibt sie auch heute noch: Stimmen, dass die Sultana einer Sabotage zum Opfer gefallen war. Diesen Aspekt wollen wir auch hier einfließen lassen.

Einer der Unions-Soldaten, Robert Louden, hatte allen Grund die siegreiche Armee der Union in Grund und Boden zu verfluchen. Auf alle Soldaten dieses Schiffes warteten Mütter oder Ehefrauen mit Kindern. Er selbst aber wusste nicht wohin, denn er hatte über ein Jahr in einem Union-Gefängnis wegen Spionageverdacht gesessen. Sein Bruder und sein Vater waren noch eingesperrt. Man hatte seine Frau verhaftet und ihr die kleinen Kinder weggenommen. Louden hatte Rache geschworen.

Er hatte zahlreiche Kontakte in Memphis, unter anderem auch mit seinem Schwager Arthur C. McCoy, der zu einer Schmugglerbande gehörte.

Louden hatte zusammen mit seinem Schwager die Sabotage zu der Zeit geplant, als die Sultana am Abend des 27. Aprils 1865 in Arkansas auf dem Mississippi Kohle bunkern musste. Er mischte sich von Bord aus, unauffällig unter die Arbeiter die Kohlensäcke und an Bord brachten.

Louden erhielt von einem verbündeten Agenten, Thomas Courtenay, eine gusseiserne Bombe mit zehn Pfund Sprengstoff, die er an Bord schmuggelte. Diese Bombe war nicht unbekannt, man nannte sie in Fachkreisen Courtenay Torpedo.

Louden legte die Bombe in den Kohlenschacht, von dem er wusste, dass er in ein paar Stunden benutzt werden würde. Er hatte sie so geschickt mit Ruß angeschwärzt und Kohlenstücke herumgebunden, dass man sie mit einem großen Stück Kohle verwechseln musste.

Dann verschwand er von Bord.

Dann verließ die Sultana die Verladestation in Richtung Norden. Stunden später wurde der Kessel mit den Kohlen beheizt, wo die Bombe untergemischt war.

Es kam dann zur schlimmsten maritimen Katastrophe der Vereinigten Staaten von Amerika.