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Der GAU

Vorwort

Wir beschreiben hier, was statistisch gesehen nur einmal in 100.000 Jahren passieren sollte und niemand weiß, wann und ob es jemals Wirklichkeit wird. Aber dennoch ist diese "geringe Eintrittswahrscheinlichkeit mit extremer Wirkung" vor genau 10 Jahren eingetreten und jeder wusste um die Gefahr, doch jeder dachte niemals ernsthaft daran, das es Realität werden würde. Es war genau der 30. April 2025, ein ganz normaler Mittwoch, eine Walpurgisnacht als böses Omen. Morgens um sieben war die Welt noch in Ordnung, aber Stunden später hatte sich alles geändert...

Wir wollen die tatsächlichen Hintergründe, Abläufe und Abfolgen näher beleuchten und es den Verantwortlichen wie ein Spiegel vor Augen halten, damit in Zukunft eine Katastrophe solchen Ausmaßes erst gar nicht möglich ist.
Aber auch den unbeteiligten Bürgern, die schaden an Ihrer Gesundheit und Seele genommen haben, Angehörige und Freunde verloren, gilt diese Abhandlung. Gerade sie sollen in Zukunft wachsam gegenüber der Politik, der Industrie und denjenigen sein, die Energiegewinnung welcher Art auch immer, als gefahrloser Segen für die Menschheit anpreisen.

Während meiner Recherchen zu diesem Thema habe ich viel gelesen und festgestellt: Es gibt dazu viel solides und unsolides, vieles ist oberflächlich geschrieben, weniges basiert auf fundierte Kenntnisse und viel vernünftiges und unvernünftiges. Zum Beispiel: Fukushima: "300.000 Kinder sind Versuchskaninchen" (Quelle: nachrichten.at: Ausgabe 8. Oktober 2014 - 00:04 Uhr). Man sollte sich über so etwas nicht belustigen, das sind Menschen, die ein Trauma erlitten haben und ihr ganzes Leben darunter leiden werden. Was aber eine so persönliche Meinung auf der Startseite dieser Zeitung zu suchen hat, die besser auf die Seite "Lesermeinung" passt, bleibt mir ein Rätsel.

Besonders großen Zeitungen - mit wenigen Ausnahmen - sind hier eher um Schlagzeilen und Auflagen bemüht, als um solide Berichtserfassung. Das meiste in den Publikationen basiert auf dem Glauben, dass der nicht informierte Leser Schlagworte sowie Schlüsselwörter liest und zum Schluss kommt, das politisch unverantwortlich mit seiner Gesundheit und seinem Leben umgegangen wird.

Positiv hervorgehoben haben sich offizielle Stellen wie die Bundesregierung, das Bundesamt für Strahlenschutz die neutral und sachlich dargestellt haben, welche Risiken und mögliche Folgen ein radioaktiver Unfall für die betroffenen Menschen haben kann. Hier hat die Wissenschaft das Wort.

Wie aber eben diese unzähligen, langatmigen, theoretischen Schlussfolgerungen bei einem GAU in die Praxis umgesetzt werden sollen, lassen auch diese wissenschaftliche Publikationen offen.

Dort wird sachlich von der Menge der Toten und Verstrahlten, sowie von den Spätfolgen gesprochen. Genau diese Schlussfolgerungen sollten, überall wo Atomkraftwerke in der Nähe oder weiter entfernt in Betrieb sind, sämtliche Alarmklingeln schrillen lassen.

Es sind so viele Maßnahmen in so kurzer Zeit notwendig, die Situation einigermaßen in den Griff zu bekommen. Man kommt darum zum Schluss, dass es gar nicht möglich ist die Folgen eines GAUs zu beherrschen. Jetzt ist die Politik in Verantwortung!

Ganz bewusst habe ich die Auswirkungen eines Strahlenunfalls auf nur ein Bundesland eingeschränkt. Schon allein diese Bewältigung anstehender Maßnahmen sind kaum in den Griff zu bekommen. Angesicht der Tatsache das eine radioaktive Wolke nicht vor einer Landesgrenze halt macht, werden alle theoretischen Überlegungen und praktischen Übungen in den Schatten gestellt. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt um sich vorzustellen, was passiert, wenn die ganze Bundesrepublik, oder noch schlimmer, ganz Europa in Mitleidenschaft gezogen werden würde. In der Praxis gab es noch nie einen GAU hier bei uns aufs Exempel und wird es hoffentlich niemals geben. Am besten, es passiert überhaupt nichts.

Hier in dieser Abhandlung läuft so ziemlich alles falsch, von der Beurteilung einer Situation bis hin zu den getroffenen Maßnahmen. Demgegenüber habe ich dann einen entsprechenden Querverweis auf offizielle Stellen bzw. Fachliteratur gesetzt, wie und wo die richtigen Maßnahmen zu treffen wären. Dafür habe ich auf den üblichen Quellennachweis am Ende verzichtet, alles andere ist das Produkt meines eigenen Wissens und meiner Fantasie.

Fachleute mögen meine Abhandlung nach den ersten Sätzen zu Seite legen, weil es nichts neues bringt. Mir geht es darum, interessierte Leser zum weiteren Studium in der Literatur anzuregen und solchen, der die Problematik eines atomaren Unfalls neu sind, sich in das Sachgebiet einzuarbeiten.

Wenn ich alle Punkte auch nur andeutungsweise hier anschneiden würde, die bei einem radioaktiven Unfall berücksichtigt werden müssten, würde das den Rahmen sprengen. Deshalb habe ich mich auf die wichtigsten Erkenntnisse beschränkt, die zur Rettung der Bevölkerung eines betroffenen Gebietes notwendig sind. Es geht mir darum die Entstehung und Folgen eines GAUs so realistisch wie möglich zu beschreiben.

Von ganzem Herzen wünsche ich mir, dass meine fiktiven Darstellungen niemals Wirklichkeit werden und wenn doch, dass die Verantwortlichenes besser machen, als hier beschrieben. Ähnlichkeiten mit Personen sind nicht beabsichtigt, jedoch deren Handlungen.

Damit ist die friedliche Nutzung der Kernenergie eine Gefahrenquelle, die nicht zu unterschätzen ist. Die Wissenschafthat deren Gebrauch noch nicht im Griff, im Gegensatz zu der Anwendung von Kernwaffen, die immer perfekter und damit immer bedrohlicher für dieZukunft der Menschheit wird.

Vielleicht ist eines Tages das ganze Thema Kernenergie überholt, von einer anderen und wirklich besseren Art der Energiegewinnung die wir zur Zeit noch gar nicht kennen.

Für jede sinnvolle Kritik und Anregung werde ich mich freuen und nach Möglichkeit berücksichtigen. Sie können dazu den Kontakt oder das Gästebuch benutzen.


Eine Art von Einführung

Ich befinde mich im Eingangsbereich des Innenministeriums, eine eindrucksvolle Vorhalle, die das Interieur des ganzen Hauses erahnen lässt.
Ich sehe ich mich um. An der einen Wand sind Regale mit Informationsmaterial angebracht, an der anderen Seite ein Empfangsschalter. Um in das Innere zu gelangen muss man eine Personenschleuse passieren. Die Eingangshalle ist halb gefüllt mit Besuchern oder Beschäftigten.

Ich ignorierte die neugierigen Blicke die auf mich gerichtet sind. Einige misstrauisch oder angstvoll, wohl deshalb, weil sie den gelben Punkt auf meiner Jacke sahen. Ich wartete mit dem Brief in der Hand. Es dauert einige Zeit bis ein etwa 60-jähriger Herr auf mich zukommt und mich freundlich begrüßt.
"Schön das Sie kommen konnten", sagt er, "ich komme gleich zur Sache, da das Meeting in wenigen Minuten beginnt. Sie wissen was auf Sie zukommt?" Ich zeigte ihm den Brief: "Ja das habe ich gelesen, aber warum ich?"
"Wir haben uns genau erkundigt, Sie sind mir als zuverlässigen und verantwortungsvollen Berichterstatter geschildert worden. Wir brauchen jemand, der damals selbst dabei war. Sie sollen aber nochmal den ganzen Unglücksverlauf live miterleben und uns neutral berichten, was sich damals wirklich ereignet hat.

Ich erkläre ihnen worum es hier geht: In wenigen Minuten wird der Abschlussbericht der eingesetzten Untersuchungskommission über den atomaren GAU diskutiert, der vor genau 10 Jahren stattgefunden hat. Sie erinnern sich?"
Und ob ich mich erinnerte, wer könnte denn so etwas vergessen?
Damals gab es den größten anzunehmenden Unfall in der Geschichte der Bundesrepublik. Etwa 28.000 Quadratkilometer wurden verstrahlt, also ca. 8% der Fläche, von der niemand genau weiß, wann sie wieder nutzbar werden wird. Man zählte 11.309 Tote und 12.805 teilweise stark kontaminierte Personen, viele auch durch Massenpanik verletzte.
Dazu kamen und es kommen noch immer die Spätfolgen der Verstrahlung, die sich bald bemerkbar machen würden. Man schätze sie auf ca. 30.000 Personen. Niemand der das miterlebt hat, konnte das vergessen.
Eine Ironie des Schicksals war die Tatsache, dass es sich um das letzte aller in Deutschland existierenden AKWs handelte. Es sollte genau am 31. Dezember 2022 endgültig abgeschaltet werden, was jedoch durch die Übertragung von verbliebenen Strommengen anderer AKWs um 3 Jahre und 3 Monate hinaus verzögert wurde.
Die Verlängerung musste von dem damaligen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (heute: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit - BMUB) genehmigt werden. Die ehemalige Lobby der Atomkraftwerkbetreiber hatte sich damals mächtig ins Zeug gelegt. Ging es doch schließlich um Milliarden. Ob sie selbst oder deren Angehörigen von der Katastrophe betroffen waren?

Noch peinlicher für die damalige Bundesregierung: Das fragliche AKW hat sich genau an dem Tag der endgültigen Abschaltung in eine strahlende Ruine verwandelt, ein Fressen für die damalige Opposition. Als das öffentliche Leben dann wieder einigermaßen normal verlief, war die Regierung dieses Landes zurückgetreten. Danach waren Neuwahlen fällig.

Ich nickte bejahend. Der Mann fuhr fort: "Sie haben die Möglichkeit an dem Meeting der Abschlusskommission teilzunehmen, sozusagen als stiller, unsichtbarer Beobachter. Niemand kann Sie sehen und hören. Sie dürfen in die Ereignisse nicht eingreifen und schon gar nicht verändern. Sie dürfen jedoch in die Vergangenheit reisen, soweit es den Zeitraum der letzten 10 Jahre betrifft. Wenn Sie möchten, können Sie mit Einzelpersonen reden. Ich muss Sie aber noch einmal eindringlich warnen: Ich hoffe Sie wissen was da auf Sie zukommt! Denken Sie an das unermessliche Leid das dieser Unfall verursachte.
Sie bekommen jetzt von mir die offizielle Erlaubnis und die Fähigkeit dazu, wie Sie in die Vergangenheit reisen und wieder zurückkehren können, werden Sie schon selbst erkunden können. Einverstanden?"

In meinem Kopf war ein ganzes Feuerwerk. Ich hatte zwar alles verstanden, konnte es aber nicht glauben. Ich sollte die Möglichkeit haben alles nochmal live zu erleben, was sich damals ereignet hat? Im Original und Lebensnah? Ich konnte es wirklich nicht glauben. Das was sich jeder Bücherschreiber, jeder Journalist und jeder Historiker erträumt hatte, sollte ich erleben dürfen? Na gut, es war ja mein Beruf und eine einmalige Chance, die nie wieder im Leben kommen würde.

Ich bejahte diese Frage stumm, indem ich mit dem Kopf nicke. Er sah mich noch mal durchdringend an, scheinbar erwartete er auch keine andere Antwort von mir. "Also los" sagte er kurz. Dann war ich an dem Sicherheitspersonal an der Sperre vorbei.


Die Konferenz

Ich betrete einen Saal indem sich etwa 30 bis 40 Menschen befinden. In der Mitte ist ein großer ovaler Tisch der mit Namensschilder versehen ist, dahinter eine extra Sitzgruppe für Beobachter. An der Wand sehe ich einen Projektor-Bildschirm und ein Rednerpult mit Mikrofon.

"Ruhe bitte, Ruhe!", ein Sprecher machte durch diese Bemerkung auf sich aufmerksam.Das Gemurmel der anwesenden Personen verstummte allmählich."Danke meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten Ihre für Sie reservierten Plätze einzunehmen, die anderen Anwesenden nehmen auf den Gästestühlen Platz".Stühle rücken, erneutes Gemurmel das sich in erwartungsvolle Stille verwandelte.

Der Sprecher fing erneut an: "Ich möchte Sie ganz herzlich begrüßen und dafür danken, dass Sie alle unserer Einladung gefolgt sind. Der Anlass unserer Zusammenkunft ist Ihnen ja bekannt, ich möchte hinzufügen, dass wir uns alle den Grund dieser Zusammenkunft gerne erspart hätten." Zustimmendes Gemurmel war zu hören.
Der Sprecher fuhr fort: "Wir haben uns hier versammelt, um den Bericht zu den Ereignisse vor 10 Jahren offiziell abzuschließen.Sie alle haben den Entwurf den Sie Heute absegnen wollen vor sich liegen. Wir gehen die einzelnen Punkte noch einmaldurch, ob sich noch Ergänzungen bzw. neue Gesichtspunkte ergeben.

Betonen möchte ich allerdings, dass dieserAbschlussbericht von anerkannten Experten der Reaktorsicherheitskommission (RSK) und der Strahlenschutzkommission(SSK) erstellt worden ist. Außerdem von europäischen Institutionen wie z. B. die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Eine namentliche Liste finden Sie amAnhang des Berichts. Bevor wir anfangen, möchte ich die Redner vorstellen:

  • Dr. Schneider, Staatsekretär des Inneren aus dem Regierungspräsidium Westmark-Hansen.
  • Dr. Jelend, Staatssekretär aus Westmark-Hansen, Regierungspräsidium Hansen, Dezernat für Sicherheit und Gesundheit
  • als Gäste:
    • Dr. Müller, Vertreter des Katastrophenschutzes im Zivilschutz der als neutraler Beobachter entsandt worden ist, da der Katastrophenschutz im Frieden gemäß Artikel 70 des Grundgesetzes den Ländern zugeordnet ist.
    • Für den technischen Bereich: Dr. Kleist als Vertreter der Strahlenschutzkommission des Bundes.

Als Tagesordnungspunkte sind vorgesehen:

  • Bericht der Kommission:
    • Ursache, Entstehung und den Verlauf des atomaren Unfalls
    • Evakuierung und Versorgung des betroffenen Landes.
    • Die gesundheitlichen Folgeschäden für Natur und Mensch.
    • Die Veränderung des sozialen und gesellschaftlichen Lebens.
    • Zukünftiger Umgang der Energiegewinnung aus der Atomkraft.

Meine Damen und Herren, das wäre es zunächst. Nach einer kleiner Pause von ca. 10 min. werden wir beginnen.
Ich holte erst mal Luft. Glücklicherweise hatte ich sofort reagiert und beim betreten des Raumes mein Diktiergeräteingeschaltet. Schließlich sollte der Nachwelt ein Original des Abschlussmeetings vorliegen, im Gegensatz zum offiziellen Bericht.


Was geschah am 30. April 2025?

"Meine Damen und Herren, ich bitte Sie wieder Platz zu nehmen." Der Sprecher wartete, bis alle ihre Plätze eingenommen hatten.
"Wir kommen jetzt zum 1. Punkt unseres Vortrages. Ich bitte Sie herzlich, den Vortragenden nicht zu Unterbrechen, danach könnenSie Ihre Fragen stellen.
"Es spricht Dr. Kleist als Vertreter der Strahlenschutzkommission des Bundes. Herr Dr. Kleist, bitteschön."

Dr. Kleist, ein Mann in den 40ern stellte sich hinter das Podium mit Mikrofon. Automatisch ging der Projektor-Bildschirm an und man sah das erste Präsentationsbild

"Ich setzte voraus, dass Sie alle mit dem Prinzip und der Arbeitsweise eines Kernkraftwerkes vertraut sind. Wie Sie wissen handelte es ich hier um einen Druckwasser-Reaktor, in der Folge DWR genannt, mit einer Nettoleistung von 1241 Megawatt.
Ich beginne mit dem zeitlichen Ablauf des Geschehens so wie wir ihn kennen. Über den genauen Ablauf des Unfalls, die Ursachen und Umstände können wir bis Heute nichts sagen. Sie wissen, dass alle Aufzeichnungen über Aktivitäten des Bedienungspersonals und alle Computerausdrucke, die die Ereignisse dokumentierten, entweder durch die Explosion zerstört oder auf hunderte von Jahren verstrahlt sind.

Wie Sie auf der Zeitlinie sehen, war es der 30. April 2025, also genau der Tag an dem der Meiler abgeschaltet werden sollte.

8:00 Uhr.

Schichtwechsel, Sie können also davon ausgehen, dass das neue Personal ausgeruht zur Arbeit kam.
Die Reaktorfahrer:
Schichtleiter Hans Herrmann
Sein Stellvertreter Klaus Wilfert
Beide seit 6 Jahren im AKW beschäftigt, Sie gelten als ruhig und zuverlässig, keine Auffälligkeiten.

Für den Normalbetrieb sind bei Anlagen dieser Größenordnung immer 6 Reaktorfahrer vorgesehen. Die Energiegesellschaft "Fortschrittliche Energie sicher in die Zukunft"(FORENSIK) kam zum Schluss, dass zwei Fachkräfte ausreichend sind für das schrittweiserunter fahren des AKW-Westmark am Tag seiner endgültigen Abschaltung, was sich im Nachhinein als Fehler herausstellte.

FORENSIK hat sich 2 Jahre nach dem Unglück juristisch aufgelöst, d.h. die Gesellschaft existiert rechtlich nicht mehr, da dieVerantwortlichen der Meinung waren, dass schon allein die Kosten für die Beseitigung der verstrahlten Ruine die Konkursmasse der Gesellschaft bei weitem übersteigt.Es haben sich 2 Investoren bemüht und einer hat den Zuschlag bekommen. Daraus ist die "Gesellschaft Energie für Alle" kurz GEfAhervorgegangen. Heute sind wieder 2 Aufsichtsräte der altenEnergiegesellschaft im Vorstand. Eine mögliche Schadensersatzforderung an den Nachfolger ist schwierig. Unsere Juristen sind nach 10 Jahren immer noch am Aufarbeiten.

8:06 Uhr.
Ein Telefonanruf von der Wartungstechnik des AKWs ging ein. Die beiden Ersatzpumpen für die Notwasserkühlung des Primärkreislaufs wurden von den beiden Herren Herrmann und Wilfert manuell eingeschaltet. Das würde bedeuten, dass die Hauptwasserpumpe ausgefallen war.

8:21 Uhr.
Die Zentrale empfängt einen automatischen Notruf vom System, dass ein meldepflichtiger Störfall eingetreten ist. Welcher Art dieser Notruf ist, wissen wir nicht. Wir können ihn nur anhand von nachfolgenden Telefonanrufen von Zeugen an die örtliche Polizei und Feuerwehr rekonstruieren. Eine Liste der eingehenden Anrufe und der Empfänger befindet sich im Anhang.
Wir nehmen aber an, dass es sich hier um größere Temperaturschwankungen im Reaktordruckbehälter handelte, die letztendlich das Bersten des Brennelementbehälters verursachte, das wiederum zum GAU führte."

Dr. Kleist machte eine Pause und drehte sich um. Man sieht deutlich die Anspannung die ihn jetzt ergriffen hat. Auch die Zuhörer mussten ihren Blick von der Schautafel abwenden. Manche sahen ihre Nachbarn an, murmelten etwas, andere öffneten die bereitgestellten Getränke.

Ich musste schlucken. Dies hier war der Beginn des Dramas, das ganz Deutschland von Grund auf verändert und den Restder Welt zu mindestens aufgerüttelt, wenn nicht in seinen Grundfesten erschüttert hat.
Der ganze Vortrag hatte mich so mitgenommen, dass ich mich damit identifizierte und konnte mir gut vorstellen, das jetzt alleslive mitzuerleben.
Wie war das? Der Mann, der mir das hier alles ermöglichte, sagte ich könnte in die Vergangenheit reisen?
Wie sollte das gehen? Ich versuchte den Schalter in meinem Kopf umzulegen......


Technisches oder menschliches Versagen?

8:00 Uhr.
Ich befinde mich in der zentralen Leitstelle des AKWs. Was sofort auffällt, ist die große Tafel an einer Wand mit dem Abbild der 236 Brennstäbe von oben gesehen, deren Punkte im grünen Bereich sind, was eine sicheres Gefühl aufkommen lässt. Daneben auf einem Großbild, das Schema aller wichtigen Komponenten, die in diesem AKW zusammenarbeiten. Es gibt unzählige Bildschirme mit Tabellen, blinkenden Lichtern.
Die Temperatur ist angenehm und alles in allem ist es eine freundliche entspannte Atmosphäre.

8:03 Uhr.
Ich trete näher und sehe mir die zwei Männer genauer an, die Informationen austauschen. Beide machen schnelle Bewegungen und einen angespannten Eindruck. Von wegen nach Schichtbeginn ausgeruht, man sieht deutlich, dass sie Sorgen irgendwelcher Art haben.
"Wilfert, wir haben jetzt eine Auslastung von 95%, laut Plan sollten wir pro Stunde stufenweise um jeweils 10% runterfahren. Treffen Sie alle Maßnahmen, programmieren Sie den automatischen Ablauf und sagen Sie mir wann Sie Startbereit sind." Wilfert murmelte etwas, setzte sich vor einen Bildschirm und begann auf der Tastatur zu tippen.
Ich wartete bis der Minutenzeiger der großen Uhr auf die 6. Minute wechselte. Gebannt starrte ich auf den roten Sekundenzeiger der sich der 12 näherte.

8:06 Uhr.
Mehrere rote Lichter an der Schalttafel blinken, Drucker rasselten, auf dem schematischen Teil der Übersichtstafel stotterte die Pumpe, die für die Kühlung des Primärkreislaufs zuständig war und verlangsamte ihr Umdrehungen. "Wilfert, kommen sie, sehen Sie sich das an", sprach Herrmann. Seine Stimme war trotz der plötzlichen veränderten Lage ruhig. Das Personal war geschult. Wilfert unterbrach seine Tätigkeit, stellt sich neben Herrmann. Die beiden sahen sich an.
Wilfert sagte: "30% Umdrehungsabfall, verdammt, das hatten wir doch schon letzte Woche, ich denke das ist repariert worden?" Herrmann antwortete: "Die Techniker waren da, haben ein paar Messungen vorgenommen, nach 5 Minuten waren sie fertig. Sie sagten, das Ding hält noch 10 Tage, der ganze Altmeiler wird sowieso abgeschaltet. Jetzt haben wir den Salat."

Herrmann: "Wilfert, Sie wissen ja, wenn diese Pumpe ihre Arbeit aufgibt, müssen Reservepumpen einspringen, damit das Kühlwasser weiter zirkuliert.

Prompt meldete sich das System auf dem Alarmbildschirm:

Ausfall Hauptwasserpumpe Z5XaR im Primärkreislauf!
Manuelle Maßnahmen:
  1. Sind unverzüglich die beiden Reservepumpen RHWP 1 und RHWP 2 mit der Programm-Nr. RHWP 1 zuzuschalten.
  2. Nach Start und Überprüfung ist die Hauptpumpe Z5XaR manuell abzuschalten.
  3. Unverzüglich den technischen Reparaturdienst interne Tel. Nr. 222 444 55 zu informieren.

Herrmann: "Das ist mir nichts neues. Also los, bevor uns das ganze noch am letzten Tag um die Ohren fliegt."
Nach den Vorschriften müssen mindestens 2 Mitarbeiter zusammen Störungen beseitigen, deshalb gingen sie zum Computer der für Notfallsituationen vorgesehen war. Herrmann aktivierte das Programm RHWP 1. Beide sahen gespannt auf den schematischen Teil des Bildschirms an der Wand. Die beiden Notfallpumpen begannen sich zu drehen, die Hauptwasserpumpe stand still. Der Temperaturanzeiger im Sicherheitsbehälter blieb konstant bei 326°C was ein gutes Zeichen war. Herrmann und Wilfert atmeten erleichtert auf.
"Na also, das wäre geklärt, "sagte Herrmann, "trotzdem mache ich eine Meldung an die Zentrale über das schlampige Verhalten des Reparaturdienstes."

8:21 Uhr.
Die beiden Reaktorfahrer schauten sich noch mal alle Anzeigen an der Tafel an. Wilfert schaltete die Hauptwasserpumpe Nr.Z5XaR manuell ab, indem er auf einen Knopf an der Schaltwand drückte. Der Normalbetrieb ging weiter.

8:22 Uhr.
Eine Alarmhupe gibt einen durchdringenden Ton. Das System meldete sich auf dem Alarmbildschirm:

Temperatur Sicherheitsbehälter 418°C > 10% Toleranz!
Maßnahmen werden automatisch eingeleitet:
  1. Das Notkühlsystem wird aktiviert
  2. Bei bleibender oder steigender Temperatur wird Überdruckventil PORV automatisch geöffnet.
  3. Die Schnellabschaltung wird manuell angefordert.
  4. Meldepflichtiger Störfall wird an die Zentrale weitergeleitet.

"Verdammt", sagte Herrmann, "wir haben doch die Notwasserkühlung aktiviert. Wir checken noch mal aber erst die verdammte Hupe aus." Seine Stimme war immer noch ruhig. Herrmann und Wilfert gingen die große Schalttafel durch.

Nach weiteren 2 Minuten entdeckten sie den Notizzettel der die blinkenden Lampen der beiden Ersatzpumpen verdeckte. Beide blinkten rot was bedeutete, dass sie zwar funktionierten, aber das Kühlwasser, das sie durch die Leitungen presste, waren durch Ventile verschlossen. Genau das stand auch auf dem Notizzettel.
Wilfert: "Wer hat das da hin geklebt? Was machen wir jetzt?" Leise Panik machte sich bei ihm bemerkbar. Herrmann: "Wir können nur eines machen, die Schnellabschaltung sofort aktivieren, das haben wir lange genug geübt. Los drücken wir den roten Knopf!"

Ich sah mir dieses ganze Szenario mit an. Wusste ich doch, dass es überhaupt nicht gut war was sich hier ereignete aber einen Eingriff in die Geschehnisse war mir verboten.
Ich war in einem schwerwiegenden Dilemma, das hätte ich mir auch von vorneherein denken können. Ehrlich gesagt hatte ich Angst. Was sollte ich tun? Mit einer einzigen Aktion könnte ich, was da vor 10 Jahren passiert war, ungeschehen machen. 1300 Tote, 2800 Verletzte. Seelische und körperliche Qualen der Sterbenden und Überlebenden.

8:23 Uhr.
Leider war es schon zu spät für den roten Knopf. In den letzten zwei Minuten, die die beiden Techniker dazu verbracht hatten, die Ursache zu finden, warum die Reservepumpen kein Kühlwasser in den Sicherheitsbehälter pressten, stieg die Temperatur um 600°C.
Das verbleibende Kühlwasser erreichte seinen Siedepunkt und beginnt zu verkochen. Dampfblasen bilden sich und verdrängen weiteres Kühlmittel, die Temperatur im Inneren stieg auf über 2000°C.
Jetzt gingen laufend Alarmmeldungen ein. An der Schalttafel begannen fast alle Lampen zu blinken, Messgeräte veränderten ihre Anzeigen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Reaktorfahrer vollkommen überfordert. Herrmann kam zum Schluss, das HPI Notkühlsystem einzuschalten, um die Temperatur im Sicherheitsbehälter abzusenken. Damit kann pro Minute 5000 Liter Wasser bewegt werden, genug um den Sicherheitsbehälter zu überfluten.
Herrmann nahm diese Maßnahme als verantwortlicher Schichtleiter persönlich vor. Wieder drückte er auf den roten Knopf und musste das mit einem weiteren Druck bestätigen.

8:29 Uhr.
Das Reaktorteam starrte gebannt auf die große Tafel und deren Messinstrumente. Was sich jetzt abspielte und in welcher Reihenfolge, kann niemand genau sagen aber es müsste folgendes passieren:

  1. Reaktorschnellabschaltung (RESA): Die 236 Steuerstäbe, die den Neutronenfluss abbremsen, werden ausgeklinkt und fallen zwischen die Brennstäbe des Reaktorkerns.
  2. Das Notkühlsystem wird aktiviert und mit Bor versetzt. (Die vom Bor eingefangenen Neutronen stehen nicht mehr für Spaltungen von Uran-Kernen zur Verfügung, so wird die Kettenreaktion im Reaktor gebremst.)
  3. Wassereinspeisung aus den Hochdruck-Vorratsbehältern
  4. Wassereinspeisung aus den Niederdruck-Vorratsbehältern, sowohl von oben als auch von unten
  5. Einspeisung von Sumpfwasser und langfristige Kühlung

Auf der großen Tafel sah man, wie Wasser in den äußeren Sicherheitsbehälter geleitet wurde. Jetzt müsste das Wasser den Brennstoffbehälter überfluten. Stattdessen passierte ... nichts. Weiterhin gingen laufend Alarmmeldungen ein, Drucker rasselten, Lampen blinkten. Herrmann und Wilfert sahen sich an, keiner hatte eine Erklärung. Dann explodiert die Anlage!

Was jetzt geschah, hat die Fachwelt, Politiker und eigentlich alle Betroffene in 2 Lager gespalten.
Allgemein bekannt ist, dass Sicherheitsbehälter, die einer Neutronenbestrahlung ausgesetzt sind, ihre mechanischen und physikalischen Eigenschaften verändern. Je länger Stahl mit Neutronen bestrahlt wird, desto spröder wird er. Würde nun in diese rissigen, unter hohem Druck stehenden Stahlbehälter plötzlich und in große Mengen kaltes Wasser eingefüllt, dann könnte ein thermischer Schock den Behälter an den Rissen aufreißen. Deshalb muss das Notkühlwasser vorher aufgeheizt werden. Die Atomare Aufsichtsbehörde gibt da einen Vorheizungsgrad von 40° C an, was aber nur eine Empfehlung ist. Die Verantwortlichen der Länder gehen teilweise von 30°C aus.
Hier war das Kühlwasser auf 30°C vorgeheizt. War das der mögliche Grund zum atomaren GAU?

8:31 Uhr.
Herrmann und Wilfert hörten ein Donnern. Beiden war sofort klar was hier passierte. Der Sicherheitsbehälter war geplatzt, weil er durch Risse in seinem Mantel ohnehin spröde war. Es waren mehrere Löcher oder vergrößere Risse durch die plötzliche Abkühlung entstanden. Dadurch lief das Kühlwasser teilweise aus und konnte seine Aufgabe nicht mehr erfüllen, nämlich den Reaktordruckbehälter mit seinen 236 Brennelementen zu kühlen.
Durch die Unwucht der Explosion verbogen sich die meisten Steuerstäbe die die Brennelemente neutralisieren sollten, so dass diese nicht mehr in den Reaktorkern versenkt werden konnten. Die Hitze im Reaktordruckbehälter stieg kontinuierlich an.

Fünfeinhalb Minuten nach Beginn des Unfalls erreicht das restliche Kühlwasser seinen Siedepunkt und beginnt zu verkochen. Für das eingebaute Systems zur gefilterten Druckentlastung des Containments (FCVS, Filtered Containment Venting System) war die fortschreitende Gasentwicklung zu schnell. Durch die Hitze wird das Kühlwasser in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt. Beide Stoffe bilden zündfähiges Knallgasgemisch, was zu einer ohrenbetäubenden Explosion führte und den Sicherheitsdruckbehälter endgültig zerstörte.

Die überhitzen Brennstäbe darin verflüssigten sich und es kam zur Kernschmelze. Ein 2000°C heißes Gemisch aus Spaltmaterial und Metall fraß sich durch die Schutzhülle des Reaktorkerns und gelangte in den Boden. Radioaktiver Strahlung wurde freigesetzt, die niemand aufhalten konnte. Es folgten noch mehrere Explosionen dann war Stille.

8:52 Uhr.

Die grünen Punkte der 236 Brennstäbe auf dem Abbild an der Wand wechselten ihre Farbe rhythmisch von gelb auf rot. In der Schaltwarte heulten alle Alarmsirenen. Blinkende grüne Pfeile auf dem Boden wiesen den Weg in den Schutzkeller. Ein Lautsprecher ging an.
" Evaluierungsnotfall, dies ist keine Übung, begeben Sie sich sich unverzüglich in die ihnen zugewiesenen Schutzräume. ... Evaluierungsnotfall, dies ist keine Übung, begeben ..""

Wilfert schrie." Los, los worauf warten sie? Lassen Sie alles liegen." Ohne eine Antwort abzuwarten, lief er den blinkenden Pfeilen nach.
Auch ich musste weg und zwar sofort. Panik und Angst machte sich in mir bemerkbar. Der Schalter in meinem Kopf machte "Klick", .....


Aus dem Chaos zurück

... dann war ich wieder im Innenministerium dem Raum, in dem das Abschlusskomitee tagte.

"... kommen wir nun zum Schluss unseres ersten TOPs. Alle haben dafür gestimmt und damit auch bestätigt, was die Expertenkommission beurteilte: Die Ursache des damaligen GAUs vor 10 Jahren liegt mit einer Wahrscheinlichkeit zu 70% an einem oder mehreren Bedienungsfehler der beiden Reaktorfahrer Herrmann und Wilfert. Beide konnten leider nicht mehr angehört werden, da sie durch die Explosion verstorben sind.
Ich danke ihnen. Wir sehen uns wieder nach der Mittagspause zur Diskussion und Abstimmung des 2. Tagesordnungspunktes."

Ich sah mich um. Die Anwesenden standen auf, versammelten sich in kleine Gruppen und fingen an zu diskutieren. Die meisten hatten betretene Gesichter und niemand lächelte oder lachte. Man musste wohl das eben gehörte verarbeiten.

Für mich war es mindestens genau so schlimm. Ich erlebte gerade sozusagen live das Ereignis, das unzähligen Menschen Tod und Krankheit gebracht hatte, abgesehen von dem unsäglichen Leid und der Trauer die die Betroffenen erleiden mussten.


Maßnahmen im Störfall

"Meine Damen und Herren, ich bitte Sie wieder Platz zu nehmen." Der Sprecher wartete, bis alle ihre Plätze eingenommen hatten.
"Wir kommen jetzt zum 2. Punkt unseres Vortrages. Ich bitte Sie wiederum herzlich, den Sprecher nicht zu unterbrechen. Danach könnenSie Ihre Fragen stellen.
Diesmal spricht Dr. Jelend, Staatssekretär aus Westmark-Hansen, bitteschön." Jetzt leuchtete wieder der Projektor-Bildschirm auf.

Dr. Jelend: "Meine Damen und Herren, wir beginnen wieder mit der Zeitaxe am 30. April 2025

9.05 Uhr.
Am Tag X gingen in den örtlichen und überörtlichen Polizeistationen und der Feuerwehr zahllose Telefonanrufe ein. Auf Grund konkreter Beschreibung der Situation (Explosionen, Rauchentwicklung, insbesondere den Explosionsort) sind die jeweiligen bedenklichen Katastrophenschutzbehörden informiert worden.

Diese haben nach vergeblichen Versuchen, mit dem KKW-Westmark Kontakt aufzunehmen, die "zentrale Landesstelle für Katastrophenschutz" in Westmark-Hansen (ZLK-WMH) informiert.
Nach dem landeseigenen Katastrophenschutzgesetz (WMH-KatSG) musste die dort zuständige Behörde erst einmal prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Unfall und wenn ja, in welchem Ausmaß vorliegen.

Zu diesem Zeitpunkt lagen jedoch noch keine, ich wiederhole, noch keine Anhaltspunkte für einen Unfall größeren Ausmaßes vor, geschweige denn für Anzeichen eines GAUs. Es wurde jedoch eine Arbeitsgruppe gebildet, die Sofortmaßnahmen veranlassten. Diese haben das Kernreaktor-Fernüberwachungssystem (KFÜ) abgefragt und einen kontinuierlichen Anstieg der Immissionswerte seit 8:31 Uhr verzeichnete und schließlich eine Überschreitung der Dosisschwelle von 1000 Millisievert pro Stunde ab 9:13 festgestellt.

Dr. Jelend zeigt auf die Projektionstafel. "Bei dieser Gelegenheit gebe ich Ihnen einen Überblick der Strahlenintensität und welche Grenzwerte einem durchschnittlichen Menschen zugemutet werden"

Was sind natürliche Grenzwerte - welche Strahlenbelastung gilt als "normal"?

Sievert:
Trifft radioaktive Strahlung auf den Menschen, tritt sie mit dem Körpergewebe in Wechselwirkung.Die radioaktiven Strahlen verursachen in den verschiedenen Körperorganen unterschiedlich starke biologischeWirkungen. Weiter spielt eine Rolle, wie schnell die radioaktiven Stoffe vom Körper wieder ausgeschiedenwerden. Mit speziellen Faktoren wird all diesen Umständen Rechnung getragen. Die so berechneteDosis wird als effektive Dosis bezeichnet. Die Einheit ist Sievert

Laut europäischen Richtlinien und der deutschen Strahlenschutzverordnung ist folgender Grenzwert für die Verstrahlung aus dergezielten Nutzung der Radioaktivität festgelegt:

  • 1 Millisievert(mSv)=1.000 Mikrosievert(µSv) Im Jahr für Personen der allgemeinen Bevölkerung, d.h.umgerechnet
    • 0,015 mSv PRO WOCHE (=15 µSv)
    • 0,0025 mSV PRO TAG (=2,5 µSv)
    • 0,0001 mSV PRO STUNDE (=0,1 µSv)

Beispiel: Nach einer STUNDE à 1000 mSv, zwei Stunden à 500 mSv oder vier Stunden à 250 mSv treten die Symptome derStrahlenkrankheit auf. Eine Evakuierung ist in Deutschland bei einem Wert von 100 mSv PRO WOCHE vorgesehen.
Der Wert ist nicht unumstritten, lt. AKW-Betreiber sollte er höher, lt. Umweltverbänden niedriger angesetzt werden.

Becquerel:

Die Anzahl der Atomkerne, die in einer Sekunde zerfällt, bezeichnet man als Aktivität. Die Maßeinheitder Aktivität ist Becquerel (Abkürzung Bq):
  • 1 Bq=1 Kernzerfall / Sekunde

Eine radioaktive Substanz hat eine Aktivität von einem Becquerel (1 Bq), wenn darin pro Sekunde ein Atom zerfällt. Das Inventar an Radioaktivität in einem Reaktor oder die Menge an Radioaktivität in einem Liter Milch würde man also in Becquerel angegeben. In Deutschland gibt es einen amtlichen Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm eines Lebensmittels. So viel Radioaktivität dürfen die Menschen also mit der Nahrung aufnehmen. Nur für Milch und Babynahrung gibt es einen strengeren Grenzwert: 370 Becquerel pro Kilogramm.


Quelle: Empfehlung der Strahlenschutzkommission

"Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen ").

(Verabschiedet im Länderausschuss für Atomkernenergie - Hauptausschuss - imUmlaufverfahren am 6. April 1999; Erstveröffentlichung: GMBl. 1999, S. 538 - 587)

Dr. Jelend: "Der Leiter der ZLKNS und der informierte Ministerpräsident von Westmark-Hansen sind daraufhin beide zu dem Schluss gekommen,dass es sich hier um einen Unfall im KKW-Westmark mit unabsehbaren Folgen für die Bevölkerung handelte und gingen vorsorglich von einem GAU aus. Der Ministerpräsident hat den Voralarm ausgelöst und dafür die politische Verantwortung übernommen. Dadurch ist die Nachrichtenkette: Berufsfeuerwehr, Bereitschaftsdienst(Brand-/ Katastrophenschutz) sowie die Straßenverkehrs- und Kreisordnungsbehörden einschließlich dem THW aktiviert worden.

9.30 Uhr.
Ein Anruf von dem Betreiber des KKW-Westmark FORENSIK. Der Sprecher informiert über einen "meldepflichtigen Störfall" der noch näher untersucht werde und von einer Immission von 850 Millisievert ausging. Eine nochmalige Konferenzschaltung mit dem Ministerpräsidenten von Westmark-Hansen ergab eine Steigerung der Strahlenemission. Der GAU wurde auf den Level 5 der INES-Skala eingestuft.

9.52 Uhr.
Offiziell wird der GAU ausgerufen und Zivilschutzmaßnahmen eingeleitet. Damit ist das Informations- und Krisenmanagement bundesweit automatisch aktiviert.

Alle Bundesländer wurden über einen Störfall in Kenntnis gesetzt und waren untereinander in Verbindung. Außerdem die angrenzende Länder nach dem "Bilateralen Katastrophenhilfeleistungs-Abkommen der Bundesrepublik" mit Hilfe von IMIS informiert.

Dr. Jelend machte eine Pause und genehmigte sich einen Schluck Wasser. Einige im Sitzungssaal taten es ihm gleich. Allgemeines Stühle rücken. Man konnte förmlich die damalige Situation vor 10 Jahren spüren.

Weiter: "Wie kann man einen so komplizierten Vorfall theoretisch in den Griff bekommen? Er zeigte mit dem Rotlichtstrahl auf die Projektionstafel:

Unterteilung eines kerntechnischen Unfalls in 3 Phasen

    Die Vorfreisetzungsphase (Bedrohung)
  • beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Möglichkeiteiner größeren Freisetzung von Radionukliden aus der Anlage erkannt wird
    und endetmit dem Beginn einer größeren Freisetzung oder der Beherrschung des Ereignisses
    Die Freisetzungsphase
  • Vorsorgliche Maßnahmenzum Schutz der Bevölkerung, insbesondere die Evakuierung im Nahbereich, sind vorzugsweisenur noch in den Gebieten möglich, die nicht in Ausbreitungsrichtung liegen oder von derradioaktiven Wolke noch nicht erreicht wurden.
    Die Freisetzungsphase endet, wenn im betrachtetenGebiet die Ausbreitungs- und Ablagerungsvorgänge beendet sind.
    Die Nachfreisetzungsphase
  • erstreckt sich über den Zeitraum, in dem einerseits die Wolkenstrahlungund die Deposition völlig beendet oder zumindest nicht mehr von Bedeutung sind,aber die Rückkehr zu völlig normalen Lebensbedingungen noch nicht vollzogen ist.

Quelle: Empfehlung der Strahlenschutzkommission

"Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukleiden. Seite 10"

(Verabschiedet im Länderausschuss für Atomkernenergie - Hauptausschuss - imUmlaufverfahren am 6. April 1999; Erstveröffentlichung: GMBl. 1999, S. 538 - 587)

Mir wurde es zu kompliziert. Ich wollte genau wissen, was sich da in der Landesregierung von Westmark-Hansen abspielte und wie die Verantwortlichen die Sitation im Griff hatten. ....


Der politische Prozess

Im Büro des Ministerpräsidenten
Ich befinde mich in der Westmark-Hansen Staatskanzlei des Ministerpräsidenten in Hansen, dessen Amtssitz. Sein Büro oder besser gesagt, der Repräsentationsraum ist modern ausgestattet mit schwarzen Möbeln. Etwas weiter entfernt, ein Besprechungstisch mit Stühlen, der Präsident konnte sich wohl nicht nicht von der gemütlichen Sitzecke trennen. Im Moment befinden sich 1 Dame und 2 weitere Herren im Raum. Sie sehen erregt ausund diskutieren heftig.

10.05 Uhr.
Der Ministerpräsident: "Wir haben auf Grund der Werte des Kernreaktor-Fernüberwachungssystems (KFÜ) und nach Rücksprache mit der Leitung der zentrale Landesstelle für Katastrophenschutz" (ZLKN-WMH) in Westmark-Hansen den GAU ausgerufen. Wir müssen jetzt an die Öffentlichkeit gehen und Maßnahmen ergreifen."

1. Mann: "Wenn das wirklich so ist, müssen wir aber aufpassen, das uns keiner ans Bein pinkeln kann."

Der Ministerpräsident: "Was wollen Sie damit sagen? Hier geht es in erster Linie um Schadensbegrenzung und zwar nicht um politische, sondern wir müssen uns um den Schutz der Zivilbevölkerung kümmern. Gottseidank seid ihr von der Opposition nicht an der Regierung. Ich hoffe, das was hier gesprochen wird, nicht nach außen dringt. Auch in ihrem Interesse, mein Lieber."

Frau: "Ich habe die Order für den atomaren Katastrophenfall angefordert. Da steht unter anderem drin, wie die Befehlskette aussieht, wo welche Tankstelle ist, wo wir welches Busunternehmen erreichen, wer den Schlüssel für die Turnhallen für die Evakuierten hat, und wo sich Lebensmittellager von Discountern befinden. Im Sitzungssaal nebenan wird ein Kommandoraum eingerichet. Techniker legen schon Standleitungen, Faxgeräte und Internetverbindungen und was wir sonst noch alles benötigen. Da kommt allerhand auf uns zu."

2. Mann: "Wir dürfen die Öffentlichkeit nur informieren, wenn wir etwas Handfestes haben, Spekulationen nützen niemand und verursachen nur Angst und Panik wenn sie widersprüchlich publik gemacht werden. Wir müssen einen Katastrophenstab bilden, der verantwortliche Entscheidungen trifft."

Der Ministerpräsident: "Ok, gehen wir erst mal in den Raum nebenan und sehen was da abläuft."

Ab.

In der Katrophenzentrale
Hier geht es lebhafter zu. Techniker tragen Computer, Kabel und Router herein. Stühle und Tisch werden gerückt. Der Projektionsbildschirm ist eingeschaltet aber noch ohne Bild. An der Wand sehe ich eine Reihe von Fernsehgeräten. jetzt läuten auch vereinzelt Telefone. Die Hektik wächst mit jeder Minute. Der Ministerpräsident: "Ich brauche ein Sprachrohr, verdammt wo ist das Sprachrohr? Kann mir einmal jemand ein Sprachrohr bringen?"

Sein Handy vibriert. Der Ministerpräsident leise den Mund mit der Hand verdeckend: "Bist du es? Ok, hör jetzt genau zu. Du packst nur das nötigste ein, nimmst sofort die Kinder und fährst zu deiner Mutter. Ja, im Auto. Wenn du aus Hansen raus bist, hebst du alles vom Konto ab, was du kriegen kannst. Ja, nein, ich erkläre dir das später. Es ist ein ernster Notfall, ich habe jetzt keine Zeit für Erklärungen, mach es einfach. Ich liebe euch."

Der Ministerpräsident atmete erleichtert auf. Seine Mine wurde wieder geschäftlich. Freundlich und abweisend zugleich.
Er sah sich um. Mehrere Personen telefonierten mit ihren Handys und hielten die Hand vor den Mund. Endlich hatte er das Sprachrohr. "Alle mal herhören, bitte alle mal Ruhe."

Er wartete. "Danke für Ihr kommen, Sie wissen alle was passiert ist und was damit auf Sie zukommt. Es kann sich herausstellen, dass Ihre Tätigkeit in der nächsten Zeit zu einer Bedrohung Ihrer Gesundheit wird. Niemand kann Sie dazu zwingen hier zu bleiben. Ich kann nur hoffen das wir alle vollzählig bleiben. Wer hier bleibt, gibt bitte sein Handy ab, wir müssen sicher sein, dass nichts von dem, was wir hier machen nach außen dringt und schon gar nicht als subjektive Meinung etwa an die Presse gelangt. Einige Leute verließen den Raum, die andern legten mit düsterer Mine ihre Handys auf den Tisch."

Mit unbewegtem Gesicht sah der Ministerpräsident zu. "Schön, das wäre geklärt, machen Sie bitte weiter." Der Ministerpräsident verließ den Raum mit seinen persönlichen Beratern.

Ab.

Im Büro des Ministerpräsidenten
Der Ministerpräsident: "Wir müssen handeln. Sofort! Was machen die Katastrophenpläne?"
Frau: " Die hat jemand zwischenzeitlich dahingelegt" Alle schauen wie gebannt auf die 3 umfangreichen Bücher.

1. Mann: "Mein Gott wer soll das alles lesen? Dazu haben wir gar keine Zeit! Wir haben doch einen Strahlenschutzexperten hier im Haus. Warum ist der Mann nicht längst hier?"

2. Mann zur Frau: "Los, stellen Sie fest, wer das ist und holen Sie den Mann sofort her! Machen Sie schon!"

Frau ab.

Der Ministerpräsident: "Ich habe überhaupt keine Ahnung von der Materie, ich kann mich erinnern, dass unser Kabinett mehrmals aufgefordert wurde, ein Szenario durchzuspielen bzw. Trockenübungen abzuhalten. Wir haben es nie gemacht. Keine Zeit dafür. Wer konnte denn ahnen, das so was jemals ernst wird?" Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, sein Gesicht wurde bleich, er griff zur Wasserflasche.

Handy des Ministerpräsidenten vibriert: "Hallo? Ja, am Apparat. Guten Tag Herr Bundeskanzler. .... Schreckliche Sache, ja wir haben den GAU ausgerufen, nach dem Landesgesetz sind wir dafür zuständig. ... Wir haben die Sache im Griff, Herr Bundeskanzler. Nein, uns wächst das nicht über den Kopf. ... Wir leiten gerade eben Sofortmaßnahmen ein, um die Bevölkerung zu warnen.... Ja, wir haben eine Katastrophenzentrale eingerichtet. Die Messergebnisse werden laufend überprüft, Herr Bundeskanzler. Wir bleiben in Verbindung, ich bin jederzeit erreichbar."

Der Ministerpräsident schaltet sein Handy ab. Alle sahen sich wortlos an. Jedem wurde erst jetzt bewusst, was für eine Verantwortung sie zu tragen hatte, keiner konnte sich einfach davonstehlen.

Der Ministerpräsident: "Wir schauen hier in den Katastrophenbänden nach ob darin Experten und Telefonnummern für den Notfall aufgezeichnet sind." Tatsächlich stiessen sie sofort auf eine Liste, die sich farbig abhob.

1. Mann: "Ah ,hier haben wir es ja. Mein Gott das sind ja über 50 Namen." Zum 2. Mann: "Holen Sie von nebenan 10 Leute die uns helfen die Experten herbeizubringen und geben Sie denen in Gottes Namen ihre verdammten Handys wieder."

2. Mann ab.
Der Ministerpräsident zum 1. Mann: "Holen Sie den Vertreter von FORENSIK her, der vorhin hier angerufen hat. Wir brauchen dringend und jederzeit aktuelle Information über den Zustand des KKW-Westmark und die radioaktiven Werte, die freigesetzt werden.

Dann schauen Sie in den verdammten Handbüchern nach, ob wir da ABC-Erkundungsfahrzeuge haben, die wir losschicken können oder fragen Sie am besten gleich die Bundeswehr, die sollen uns schicken was sie haben, am besten die ganze Einrichtung." Mittlerweile war der Ministerpräsident durchgeschwitzt. Er griff zur Wasserflasche und zum 1. Band der Katastrophenpläne.

Der Ministerpräsident: "Was ist los? Wo sind die Spezialisten die im Katastrophenfall zuständig sind?"
Er wandte sich an die 10 Leute die mit ihrem Handy das Verzeichnis abtelefonierten."Die Liste ist 8 Jahre alt, bis jetzt hat sich nur einer bei mir gemeldet und der will sofort kommen." sagt einer derMänner.

"He Sie da", sagte der Ministerpräsident zum 2. Mann, "rufen Sie den Innensenator an, erklären Sie ihm die Lage, sagen Sie, er soll allePolizeidirektionen des Landes anweisen, die Polizeikräfte in ihre Stationen zu beordern, dann soll sich der Innenministersofort unverzüglich auf den Weg hierher begeben, wir müssen wahrscheinlich die halbe Bevölkerung des Landes evakuieren.Ich lasse am besten das ganze Kabinett aufmarschieren, wo ist denn meine Sekretärin?"Zum 1. Mann: "Holen Sie Leute vom Wetterdienst her, sie müssen sich nebenan im Katastrophenraum einnisten. Ich denke,dass die Windrichtung eine Rolle spielt.

Halt! Hier müsste man die Zeit anhalten oder besser noch: zurückdrehen. Was passiert hier? Wir haben den größten atomaren Unfall in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Zeit brennt uns unter den Fingernägeln. Strahlung tritt seit Heute Morgen aus. Niemand weiß wohin und wie stark. Das allein ist schon schrecklich genug, mit einem Ministerpräsident der vollkommen überfordert ist und einem Oppositionspolitiker der an seine Karriere denkt.

Außerdem, so lesen wir weiter, liegen die mangelhafte Rettungsmaßnahmen nicht allein an ihm.Wir können den Ministerpräsidenten für einige Zeit alleine lassen, Verstärkung ist im Anmarsch und dieersten Maßnahmen sind ja eingeleitet.

Lese dazu den Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2015:
Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode. Drucksache 18/7209 S. 37 ff

"Vorbereitung für Entscheidungsträger."
"Die Entscheidung über Maßnahmen des Katastrophenschutzes (z.B. Evakuierung) wird von den Verantwortlichen vorOrt auf Grundlage einer Vielzahl an Kriterien getroffen, von denen die Eingreifrichtwerte nur eines sind. Für den Entscheidungsträger (z.B. Landrat) istes dabei durchaus schwierig, derartige komplexe Entscheidungen außerhalb dernormalen Arbeitsbereiche zu treffen.Vor diesem Hintergrund ist die vorbereitende,regelmäßige Schulung und Teilnahme an Übungen von Entscheidungsträgern vongroßer Bedeutung."


Haben sie Vorgesorgt?

Die Bundesregierung fordert die Bürger auf, einen Lebensmittelvorrat für zehn Tage anzulegen: So will die Bundesregierung im Kriegsfall reagieren (F.A.S.exklusiv von Freitag, den 13. Januar 2017.)

Es soll für den Krisen-Fall dienen. Aber für welchen? Ausbruch eines Krieges, einen Finanz-Crash oder einem atomaren Unfall?Das sagt die Bundesregierung nicht direkt, alles ist denkbar.

Es handelt sich hier um Lebensmittel, Trinkwasser, Energie bzw. Bargeld. Es ist auch von Selbstschutz die Rede, also Vorkehrungen treffen und sich bewaffnen. (Plünderung, Raub, etc.)

Was ist der Grund? Warum ausgerechnet jetzt zu diesem Zeitpunkt? Fragen sind erlaubt!

Ein möglicher Kriegsfall? Bargeld wegen einem möglichen Banken-Krach? Verschärfung der allgemeinen polizeistaatlichen Maßnahmen?
Wegen des Krieges in Syrien? Einfach nur grundlose Panikmache? Oder ist jetzt einfach die beste Gelegenheit, den Bürger noch besser in den Griff zu bekommen? Niemand kann das besser beantworten, als die Verantwortlichen selbst.

Abgesehen von den oben angeführten Szenarien, setzen wir uns hin und machen eine Liste für alle Fälle, denn schaden kann es ja nichts.

Wie und womit wir uns schützen sollten
  • Kenntnis der Warn- und Alarmsignale
  • Lebensmittel- und Trinkwasservorrat für zwei Wochen pro Person anlegen
  • Hausapotheke einrichten und um die persönlichen Medikamente erweitern
  • Material für die Abdichtung der Fenster besorgen (breite Klebestreifen, Folien)
  • Batterieradio mit Reservebatterie bereitstellen
  • Kaliumjodid-Tabletten aus der Apotheke besorgen
  • Haben sie einen Schutzraum? Falls ja, diesen bezugsfertig machen
  • Besitzen Sie Haustiere? Falls ja, entsprechende Tiernahrung bevorraten

Quelle: Meine persönliche Checkliste

Ratgeber für Notfallvorsorge
und richtiges Handeln in
Notsituationen,


Zuständigkeiten

Wer ist denn eigentlich bei einem atomaren Unfall zuständig? Wer stellt den GAU fest, wer trifft Notmaßnahmen zum Schutz und Evakuierung der Bevölkerung, wer verteilt und wann Jod-Tabletten und wer ernährt die Bevölkerung mit unverstrahltem Essen und Trinken? Alle Personen ob Frauen, Schwangere, Kinder oder Männer reagieren auf Strahlung unterschiedlich. Die Bewohner sind nicht alle gleichmäßig um den Explosionsherd verteilt. Wer ruft letztendlich wieder den "normalen" Zustand auf?

Wir können uns gut vorstellen, dass die radioaktive Strahlung vor den Landesgrenzen nicht halt macht. Theoretisch müsste dann jedes Bundesland seine eigene Notfallpläne haben, also 16 mal vervielfacht. Eine exorbitante Aufwendung die viel Geld, Zeit und Organisation verbraucht. Die Notfallpläne müssten von Zeit zu Zeit angepasst und koordiniert werden. Solche teuren und zeitraubende Überlegungen sind für einen gesunden Menschenverstand unvorstellbar.

Wir erinnern uns an das Telefongespräch zwischen dem Ministerpräsidenten von Westmark-Hansen und dem Bundeskanzler: "....ja wir haben den GAU ausgerufen, nach dem Landesgesetz sind wir dafür zuständig." Tatsache? Hat er Recht?

Umsetzung des Zivilverteidigungskonzeptes

    Wie bereits vom Fragesteller einleitend richtig festgestellt,
  • fällt der Katastrophenschutzin die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder undunterliegt allein dem Verantwortungsbereich der Landesregierungen.Der Bund hat im nuklearen Notfallschutz bei der unmittelbaren Gefahrenabwehrkeine Zuständigkeiten.
    Für die Katastrophenvorsorge
  • sind die Bundesländer zuständig
    Die Evakuierungsplanung für die Umgebung kerntechnischer Anlagen
  • obliegtden nach Landesrecht zuständigen Behörden.
    Die Zuständigkeit für die Planung und das Bereithalten
  • insbesondere vonKrankenhausbetten zur Behandlung von Strahlenunfallopfern im Katastrophenfallliegt bei den Ländern.
    Die Erfassung möglicher Kontaminationen und Inkorporationen vor Ort
  • imFalle eines radiologischen Ereignisses sowie die Dekontamination von Personenliegt im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer.
    Gemäß einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission sollen Jodtablettenim Umkreis von 5 km an die Haushalte vor verteilt,
  • im Umkreis von 10 km vor verteiltoder in Apotheken oder sonstigen Einrichtungen gelagert werden. ImUmkreis von 10 km bis 25 km ist ebenfalls eine Lagerung in Apotheken, Schulenoder Gemeindehäusern vorgesehen. Entsprechende Planungen fallen in dieZuständigkeit der Länder.
    Die Erfassung möglicher Kontaminationen und Inkorporationen vor Ort
  • imFalle eines radiologischen Ereignisses sowie die Dekontamination von Personenliegt im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer.
    Zur Lebensmittel-Notversorgung lagert der Bund
  • als nationale Krisenvorrätedie Zivile Notfallreserve und die Bundesreserve Getreide, für deren Ein- undVerkauf sowie Kontrolle die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährungzuständig ist.

Quelle: Antwort der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Tempel, Jan Korte, Ulla Jelpke,weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.- Drucksache 17/5349 - Schlussfolgerungen für den Katastrophenschutz aus dem atomaren Unfall im Atomkraftwerk Fukushima.

Andererseits lesen wir beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit(BMU):
"Das Grundgesetz (GG) trifft Bestimmungen über die Kompetenzen von Bund und Ländern hinsichtlich der Kernenergienutzung (Artikel73 Nr. 14, 87c, 85). Danach kommt dem Bund in diesem Bereich die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu. Die Länder führenals zuständige Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden das Atomrecht im Auftrag des Bundes aus (Bundesauftragsverwaltung)......"
Quelle:BMU:Startseite Themen Atomenergie · Strahlenschutz Nukleare Sicherheit Rechtsvorschriften / technische Regeln Grundgesetz / Atomgesetz

Mit anderen Worten: Der Bund macht die Gesetze und die Länder führen diese im Katastrophenfall, aber der Bund hat immernoch die "Zweckmäßigkeitsaufsicht" und kann die Sachkompetenz an sich ziehen. Eine klare Regelung oder im Zweifelsfall einKompetenzwirrwarr?


Eine Risikoanalyse

Es ergibt sich die Frage, welche Maßnahmen sind eigentlich erforderlich um einen GAU zu bewältigen, oder besser gefragt: Was existieren denn wirklich für Pläne im Falle eines atomaren Unfalls, egal welcher Größenordnung?

Dr. Jelend: "Wie Sie jetzt gehört haben, liegt die Verantwortung bei den Bundesländern, hier Westmark-Hansen.Ich zeige ihnen jedoch hier eine Risikoanalyse die der Deutsche Bundestag auf fachlicher Basis erstellen lies,um eine Verbindung von der politischen Risikobewertung zum praktischen Handeln zu schaffen.

Dr. Jelend wechselte das Präsentationsbild:

Risikoanalyse Bevölkerungsschutz Bund


Freisetzung radioaktiver Stoffe aus einem Kernkraftwerk

    Eingreifrichtwerte für die Einleitung von Maßnahmen
    1. Zuständigkeiten, Aufgabenzuweisung und Zusammenarbeit
    2. Ausbreitungsberechnung/Einheitliches großräumiges radiologisches Lagebild
    3. Kenntnisse und Ressourcen - abnehmende Expertise im Strahlenschutz
    4. Übung der Kommunikation mit der Bevölkerung
    5. Langfristige Umsiedlung
    6. Sperrung Luftverkehr
    7. Jodblockade
    8. Notunterkünfte
    9. Spezielle medizinische Einrichtungen
    10. Medizinisches Fachpersonal
    11. Dosimetrische Überwachung der Einsatzkräfte
    12. Warnung der Bevölkerung vor Trinken des Wassers, vor Wassersport und Fischfang,
    13. Unterrichtung der Schifffahrt, Warnung vor Gebrauch von Oberflächenwasser
    14. Warnung der Bevölkerung vor Trinken des Wassers, vor Wassersport und Fischfang,

Quelle: Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode. Drucksache 18/7209
Risikoanalyse und Freisetzung radioaktiver Stoffe aus einem Kernkraftwerk S. 117ff

Dr. Jelend: "Man könnte die Liste noch weiter führen. Es existieren sehr viele Notfallpläne aus unterschiedlichen Quellen,teilweise offiziell, teilweise inoffiziell, teilweise widersprüchlich. Alle haben jedoch eines gemeinsam: Sie dienen dem Schutz der Bevölkerung imBezugsgebiet der "Bundesrepublik Deutschland". Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat jedoch alle Institutionen dazu veranlasst, ob die Lehren des Reaktorunfalls Änderungen des deutschen Regelwerkes für Notfallplanungen und Notfallreaktionen erfordern.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit."


Die Katastrophe nimmt ihren Lauf

Bei all den theoretischen Überlegungen sollten wir nicht vergessen: Seit 8:06 Uhr Heute Morgen haben wir einen GAU dessen Folgen niemand mehr aufhalten kann. Nach der Explosion wird der Staub in der Luft mit der austretenden Strahlung kontaminiert und steigt unaufhaltsam in die Atmosphäre. Jetzt beginnt der sogenannte Fallout(englisch). Die Verteilung der radioaktiven Partikel in die Umwelt ist in großem Maße von der Windrichtung und dessen Stärke abhängig.

Bei schlechtem Wetter wird der Regen noch dazu beitragen, die Auswirkungen zu verschlimmern. Die einzige Gegenmaßnahmen sind .... aber sehen wir selbst. Wir begeben uns wieder nach Westmark-Hansen in die Katastrophenzentrale....

Die Hilfsmaßnahmen laufen an

Dort geht es hektisch zu. Strahlenschutzexperten sind endlich eingetroffen. 2 Leute vom Wetterdienst haben sich vor einem Computer eingerichtet, nebenan hat man ein Sendestudio eingerichtet für aktuelle Mitteilungen. Der Vertreter der Energiegesellschaft FORENSIK ist anwesend, sowie das halbe Kabinett der Landesregierung. Der Katastrophenplan läuft so langsam an. Es wurde auch Zeit, denn es ist die Stunde X+3.

Auf mehreren Fernsehempfängern laufen Sondersendungen mit Laufschrift, da wird die Bevölkerung darum gebeten nicht in Panik zu verfallen und in ihren Häusern zu bleiben.

Die Polizei hat jetzt eine eigene Drohne eingesetzt, die laufend Bilder auf den Projektionsschirm an der Wand liefern. Man sieht das AKW-Westmark von oben und es sieht nicht gut aus. Die Explosion des Knallgasgemischs hat ein riesiges Loch in das Dach des AKWs gerissen. Dampf und Rauch quillt heraus. Tief im Inneren sieht man die geschmolzenen Reaktorstäbe als weisglühende Masse, die sich unaufhaltsam in den Boden frisst. Auf dem Hof vor dem Eingang liegen einige reglose Körper, auf dem Parkplatz haben sich mehrere Autos verkeilt.

Der Vertreter von FORENSIK: "Die Explosion haben die eingebauten Sensoren zu Messung der Radioaktivität zerstört, wir kriegen keine Werte rein. Was ist mit den Messtrupps der Bundeswehr?" Der Innensenator des Landes: "Die Bundeswehr will erst prüfen ob Artikel 35 des Grundgesetzes Abs. 2 zutrifft, dann werden sie uns unter die Arme greifen, auch mit noch mehr Drohnen, aber das kann dauern."

Der Senator für Verkehr und Betriebe: "Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat CBRN-Erkundungswagen entwickelt. Wir sollten nebenan kompetente Leute fragen, wo diese Wagen stationiert sind, die müssen sofort eingesetzt werden."

Die Verteilung von Jodtabletten

Der Gesundheitssenator: "Als erstes müssen wir dafür sorgen, das die betroffene Bevölkerung mit ausreichenden Jodtabletten versorgt wird. Es gab Diskussionen darüber, ob diese Tabletten entweder vor oder nach dem Katastrophenfall verteilt werden. Leider haben sich die Länder nicht darüber geeinigt. Nun müssen wir sie verteilen. Wir haben doch ausreichende Jodtabletten in den Apotheken?"

Der Wirtschaftssenator: "Wir haben eine Bevölkerung von 17.761.000 also das größte Bundesland, das bedeutet mindesten genau so viele Schachteln für jeden Einwohner, Kinder mit eingerechnet. Das heißt, jede Familie muss sich in die nächst gelegene Apotheke begeben und sich mit Tabletten versorgen. Mit Engpässen ist daher zu rechnen. Leider. Ich habe überhaupt keine Ahnung ob die entsprechende Menge vorrätig ist.

Der Ministerpräsident: "Das muss sofort geschehen." Zum Gesundheitssenator: "Gehen Sie in den Senderaum und machen sie öffentlich, Sie jeder soll sich Jodtabletten in den Apotheken abholen und nicht vergessen: Wir sollten auch mit Jodtabletten versorgt werden."

Hätten sie es gewusst?

Verteilung von Jodtabletten

Lieber Leser, wenn Sie das hier lesen Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall, dann wissen Sie, das man nicht einfach so Jodtabletten schlucken, kann. In dieser Empfehlung der Strahlenschutzkommission wird z. B. die Dosierung in 5 Altersgruppen eingeteilt, die über 45-jährigen sollen überhaupt keine einnehmen, hinzu kommen noch andere Einnahmevorschriften(Unverträglichkeit, Babys, Schwangere etc.), die sich auf ganze 11 DINA4 Seiten erstrecken. Für den Ernstfall kann ich nur hoffen, das der Beipackzettel verständlich geschrieben ist und das Sie Zeit und die Nerven dazu haben, das alles zu lesen.

Ein kleiner Hinweis

Hand aufs Herz, haben Sie Jodtabletten im Haus? Wenn nicht, geht es ihnen so wie mir und wahrscheinlich den meisten der Bevölkerung. Jetzt werden Sie sicher sagen: Gehen wir doch in die nächste Apotheke und holen wir uns eine oder zwei Schachteln. Klar geht das aber was, wenn gleichzeitig oder vorher schon eine Evakuierung ausgerufen wurde? Da können Sie nicht einfach mal nebenbei parken und sich Tabletten besorgen.
Ein anderes mögliches Hindernis: Die Tabletten befinden ich in einer Sammelstelle und Sie wohnen auf dem Land. Dann müssten Sie so 20 - 25 Km fahren, sich welche zu besorgen und wieder zurück nach Hause, um sich um ihre Familie zu kümmern.


In der Schweiz zum Beispiel werden alle 10 Jahre in der Nähe von Kernkraftwerken Jodtabletten verteilt.
Quelle: Verteilung von Jodtabletten

Die Evakuierung

Der Ministerpräsident: "Es wird Zeit, endlich den verdammten Evakuierungsplan umsetzten. Erst einmal müssen alle im Umkreis von 50 km raus, später wird der Radius erweitert, ich hoffe nicht das wir alle 17.761.000 Bewohner außer Landes bringen müssen. Was ist mit den Patienten in den Krankenhäusern und in den Pflegeheimen und was ist mit den Insassen in den Haftanstalten, und wie gehen wir mit dem Rest der Bevölkerung vor? Wir haben auch noch überall Obdachlose die müssen auch eingesammelt werden."
Der Innensenator: " Die Verkehrspolizei soll die Überwachungskameras der betroffenen Städte und der Ausfallstraßen hierher leiten: "

Die Projektionstafel zeigte abwechselnd Hauptstraßen, Ausfallstraßen und Autobahnen. Der Evakuierungsstrom bewegte sich in Richtung Süden und Osten, weg von dem beschädigten AKW. Alle Wege waren auf Grund fehlender Straßenkapazitäten verstopft, es ging gar nichts mehr, kein vor und kein zurück. Teilweise waren Straßen blockiert, weil sich Autos verkeilt hatten, den Rettungswagen waren die Standspuren verwehrt.

Der Strahlenschutzexperte: "Mein Gott, das sieht ja grauenhaft aus, das ist keine geordnete Evakuierung. Wenn jetzt die Windrichtung ungünstig ist, werden die meisten nachher irgendwo von einer Wolke erwischt."
Der Ministerpräsident: " Geben Sie sofort eine Nachricht an alle Sender, die Leute sollen nicht mehr flüchten, sondern sich in ihre Häuser in die Keller begeben und vorher noch Bettlaken aus den Fenstern hängen, als Zeichen für die Bergungsmannschaften." Der 2 Strahlenexperte ab.

Evakuiert, was nun?

Wir beobachten jetzt eine der vielen Sammelstellen der Städte und Gemeinden für Evakuierte, diese ist in den Verträgen als eine von vielen Aufnahmestelle bestimmt worden. Eine Grundschule mit Turnhalle, dort ist ein Empfangszelt vor dem Schulhofeingang errichtet.

Das erste Versorgungsteam ist eingetroffen, bestehend aus Sanitätern, Psychologen, Ärzten, Küchenpersonal und sagen wir mal Ordnungsaufsicht.

Erste Maßnahmen

Alle sind aufgeregt und schreien durcheinander. Ein Lautsprecher kann sich in dem Lärm nicht durchsetzen. Die Menschen wollen alle gleichzeitig in die Schule, man hat Laufgitter aufgestellt, so dass es einigermaßen ordnungsgemäß an der Aufnahme zugeht. Hier müssen sich die Schutzsuchenden nach einer ersten Personenbefragung einer Strahlenmessung unterziehen.

Die schwer verstrahlten Menschen werden in die Krankenhäuser gebracht und dort in besonderen Abteilungen behandelt, falls es dort ausreichende Kapazitäten gibt. Wahrscheinlich ist schon bei 15 - 20 Patienten pro Klinikum eine Überbelegung zu verzeichnen.

Die anderen, die Glück hatten, werden dekontaminiert, d.h. Kleidung ausziehen, Hände zuerst, dann den Kopf waschen, duschen und gründlich den ganzen Körper mit Seife schruppen. Dazu hat die Bundeswehr aus ihrem Bestand einen sogenannten HEP-90-Sattelschlepper zur Verfügung gestellt.

Wenn es hoch kommt, können 50 bis 60 Personen in der Stunde abgefertigt werden, während draußen etwa 2000 Menschen oder mehr verharren. Bei 50 Strahlentests in der Stunde wären es bei "nur" 500 Evakuierte ca. 10 Stunden.

Hoffen wir, dass nicht alle betroffen sind. Die kontaminierte Kleidung muss fachgerecht entsorgt und Ersatz beschafft werden, woher denn diese nehmen? Vielleicht aus der Kleiderkammer des Roten Kreuzes? Was ist mit den mitgenommenen Haustieren, falls diese verstrahlt sind?

Können Sie sich vorstellen welche Logistik nur allein für die Erstaufnahme dahintersteckt? Atemmasken und Schutzkleidung für die Helfer, Messgeräte, Duschen, Wasser, Seife, Bürste, Einmalhandtücher, Ersatzkleidung, Spezialcontainer für kontaminierte Altkleider, Windeln für Kleinkinder und - es tut mir leid, das auch noch aufzählen zu müssen - Plastiksärge für alle Fälle.

Weitere Maßnahmen

Der registrierte, dekontaminierte, geduschte und neu eingekleidete Mensch betritt die Turnhalle. Es werden ihm Waschzeug, Zahnbürste und was alles dazugehört ausgehändigt. Dann wird ihm einen Schlafplatz angeboten, falls es eine Familie ist, mehrere zusammengefasst. Die Menschen müssen trinken, essen und Toiletten müssen auch angeschafft werden.

Wichtigste Lebenserhaltungsmaßnahmen sind außerdem die ärztliche und psychologische Beschaffung von Fachleuten. Dazu kommt noch das Essen mind. 3 mal am Tag und das lebensnotwendige Trinken. Wasserflaschen müssen ständig neu gekauft bzw. beschlagnahmt werden.

Die Versorgung kann sich wochenlang oder gar monatelang hinziehen.

Das geordnete Chaos

Wir befinden uns jetzt mitten drin, hier wird uns am am Beispiel eines Evakuierungslagers plötzlich die ganze Problematik bewusst. Es ist "nur ein Lager" das wir hier kennenlernen. Bei einem landesweiten Notstand, wie viele Aufnahmelager wird es da geben? Hundert? Zweihundert? Oder mehr. Die Organisatoren stehen plötzlich und teilweise unvorbereitet der Situation gegenüber. Wer glaubt noch daran, dass allen Betroffenen Hilfe zuteilwerden wird? Wird uns die Sache im Ernstfall über den Kopf wachsen?


Kontrolle und Beseitigung

Wo sollen Tausende von evakuierten Menschen leben?

In Turnhallen, Baracken oder alten Kasernen, ohne Arbeit und damit ohne Geld. Außerdem in ständiger Angst an Krebs zu erkranken. Die Betroffenen können mit einer sozialen und räumlichen Ausgrenzung als verstrahlte Personen behandelt werden.

Ist eine Beseitigung der Schäden möglich?

Andere Materialien, die nicht abgewaschen werden können, werden bei mindestens 800 °C eingeäschert. Die Abgase werden durch ein komplexes Filtersystem gereinigt. Die zurückgebliebene Asche und Schlacke wird zur Entsorgung vorbereitet. Das heißt es muss in versiegelten Fässern zum Endlager für mittlere oder schwach verstrahlte Gegenstände transportiert werden.

Damit die Bevölkerung in ihre Häuser zurückkehren können, darf es keine "Kontaminationsverschleppung" geben. Das heißt, alles muss gereinigt werden.

Erdschichten werden abgetragen, Häuser mit Hochdruckreinigern gesäubert und Mauern teilweise von Hand mit Bürsten abgeschrubbt. Gereinigt werden unter anderem Wohnhäuser, Parks, Spielplätze, Schulen, Straßen und Felder.

Die Radionuklide sitzen im Erdreich fest. Hier bleibt nur die Abtragung des Bodens bis zur Grasnarbe übrig, also einige Zentimeter Erdreich. Da dabei eine Unmenge Kubikmeter verstrahlte Erde zusammenkommen würden, ist diese Art der Dekontamination in der Größenordnung unmöglich. Wo sollen diese Menge denn gelagert werden? Wie soll das gehen? Ein unmögliches Vorhaben. Die Ortschaften sind für die nächsten 100 Jahre unbewohnbar!


Eine Bilanz des Schreckens

Gesundheitliche Spätfolgen

    Die Anzahl der Opfer ist nur schwer abzuschätzen.
  • Wie viele Menschen würden auf Grund der beim Einatmen hochradioaktiver Gase Lungenschäden erleiden?
  • Wie viele Menschen bekämen eine Schilddrüsenunterfunktion?
  • Wie viele Männer würden vorübergehend zeugungsunfähig und deren Spermien genetisch verändert?
  • Bei wie vielen Frauen bliebe die Monatsregel für immer aus?
  • Wie viele Babys kämen missgebildet, schwachsinnig bzw. geistig zurückgeblieben auf die Welt, da ihre Schilddrüsen von radioaktiven Jod zerstört wurden?
  • Wie viele Kinder würden bereits im Mutterleib sterben?
  • Wie viele Menschen würden an den Spätfolgen an Krebs der verschiedensten Organe erkranken?

Ökonomische Folgen

Ganze Landstriche werden unbewohnbar

Im dicht besiedelten Land Westmark-Hansen mussten von den 17.761.000 Einwohnern etwa 12.000 Menschen für ihr weiteres Leben aus dem betroffenen Evakuierungsgebiet umgesiedelt werden. Sämtliche Städte im Umkreis von 50 Km, 55 Dörfer und Gemeinden, unzählige Fabriken, Betriebe, landwirtschaftliche Anwesen, alle Arbeitsstellen und Verdienstmöglichkeiten und alle kommunalen und sozialen Infrastrukturen wurden aufgegeben. Eine Wiederbesiedlung des Sperrgebietes ist für viele Jahrzehnte oder vielleicht gar Jahrhunderte unmöglich.

Die Wirtschaftsleistungen gehen in den Keller

Hansen-Westmark war eines der größten Agrarerzeuger der Bundesrepublik und damit ein Exportland. War, muss man jetzt wohl sagen, denn auf Grund des Vorfalls will verständlicherweise niemand mehr Produkte aus diesem Land beziehen. Es wird kein Fleisch, Gemüse, Obst oder andere Nahrungsmittel verkauft. Der Export ist zum erliegen gekommen. Wie können sich all diese Menschen selbst versorgen? Die Folgen sind verheerend.

Abgesehen davon, das kein Getreide und kein Obst mehr geerntet werden, müssen die meisten Nutztiere geschlachtet oder gekeult werden. Das ganze wirtschaftliche System ist ins trudeln gekommen. Viele Menschen können nicht mehr arbeiten, da ganze Betriebe ihre Arbeit eingestellt haben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist auf dem Niveau der Nachkriegszeit gesunken. Plötzlich ist Hansen-Westmark zu einem abhängigen Importland geworden.

Das Land muss versorgt werden

Falls Menschen aus Hansen-Westmark in ein angrenzendes Reisen wollen, müssen Sie sich erst mal einem Test unterziehen. Der Rest muss im eigenen verstrahlten Land bleiben und am Leben erhalten werden. An der Landesgrenze kommen jeden Tag Güterzüge mit allen notwendigen Mitteln an. Das ist so lange notwendig bis sich Mediziner, Wirtschaftsfachleute und Politiker geeinigt haben, wann der Albtraum ein Ende hat.

Gesellschaftliche Folgen

Ein Interview mit Prof. Teuffel: war unsere Demokratie bedroht?

Professor Teuffel lehrt an der Universität Westmark-Hansen Völker- und Europa-Recht.
Die Fragen wurden von Hans Maier, stiller Beobachter gestellt.

Herr Professor Teuffel, Sie haben vor 10 Jahren den GAU hier in Westmark-Hansen miterlebt.Ja und ich muss sagen, bis Heute habe ich das nicht überwunden. Wie haben Sie es mitbekommen? Ich war damals mit meiner Familie mit dem Auto unterwegs. Wir hörten die Sirenen und dachten erst an ein Feuerwehreinsatz. Aber meine Tochter sagte, das es nicht das übliche Auf und Ab der Signalhörner sind.
Daraufhin schalteten wir das Radio ein und haben die Katastrophenmeldungen gehört.
Herr Professor, Sie und Ihre Familie haben alles offensichtlich ohne gesundheitliche Schäden überlebt, wir gratulieren Ihnen. Ich bin damals als Mitglied in den Ausschuss berufen worden, da ich auch im Bundesrat vertreten bin. Die Landesregierung musste Maßnahmen treffen, damit die öffentliche Ordnung aufrechterhalten bleibt. Welchen Eindruck hatten Sie damals von der Landesregierung? Hat Sie richtig reagiert? Zunächst sind die Hilfsmaßnahmen schleppend angelaufen. Es lag wohl auch daran das so ein Ereignis noch nie dagewesen ist. Außerdem hatte ich den Eindruck die damalige Führung war ziemlich unvorbereitet und daher hilflos. Herr Proffessor Teuffel, es gab damals Gerüchte, das die Demokratie gefährdet war. Was sagen Sie dazu? Zunächst muss man sich die Notstandsverfassung, Innerer Notstand anschauen. Darin ist klar geregelt was zu tun ist, wenn ein Land von Innen her bedroht ist. Die damalige Landesregierung hat das juristisch einwandfrei angeordnet.
Es war immer klar, das es sich um "einfache Notstandsgesetze" handelte und auf keinen Fall eine Bedrohung von außen.
In eben dieser Regelung steht der Satz: "Das Recht auf Freizügigkeit kann eingeschränkt werden." Was bedeutet das? Nach Artikel 11 Abs. 1 des GG genießen alle Deutschen Freizügigkeit im Bundesgebiet. In Abs. 2 kann das Recht eingeschränkt werden, wenn u.a. Naturkatastrophen oder besonders schwere Unglücksfälle auftreten.
Das war ja damals der Fall. Die Polizeikräfte mussten verhindern, dass zum Schutz angrenzender Länder verstrahlte Personen über die Landesgrenze von Westmark-Hansen hinüber wechseln. Das musste verhindert werden. Es war vorgesehenen, dass sich alle einem Strahlentest unterziehen, dann hätten Personen mit einem negativen Ergebnis, volle Bewegungsfreiheit gehabt. Insofern war die Demokratie nie gefährdet.
Wir hörten auch von Polizeiübergriffen, es sollen teilweise zum Schlagstockeinsatz und Verhaftungen gekommen sein. Die Ordnungskräfte sind dafür ausgebildet, auch in Extremsituationen einen kühlen Kopf zu bewahren. So eine Situation wie damals war in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie da. Stellen Sie sich vor, Sie sind einer Gefahr ausgesetzt, die Sie weder riechen noch hören oder noch sehen können. Sie wissen auch nicht, ob Sie gerade Strahlungen ausgesetzt sind. Da kann sehr leicht auf beiden Seiten Panik auftreten und aus dem Ruder laufen.
Die eingesetzten Ordnungskräfte hatten die Anweisung, Bürger, die sich einem Strahlungstest verweigerten, notfalls mit angemessenen Maßnahmen zum Kontaminationstest zu verbringen.
Das entschuldigt nicht die Handlungsweise der Polizisten, die das geltende Gesetz gebrochen haben. Wir haben die beteiligten zur Rechenschaft gezogen. Ich bleibe dabei: Die Demokratie war damals nie gefährdet.
Der Großteil der Bevölkerung musste ihre Häuser verlassen. Das war damals eine Gelegenheit für Plünderer und Einbrecher. Wo waren die Ordnungskräfte? Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Sie können sich vorstellen, das es unmöglich ist, jede Straße, jedes Haus und jede Bank im verstrahlten Evakuierungsbereich zu überwachen um Plünderungen zu vermeiden.
Der Staat hat eine Sorgfaltspflicht gegenüber seinen Beamten, deshalb kann er nicht einfach die Polizei ungeschützt in gesundheitsgefährdenden Bereichen einsetzen. Das wäre unverantwortlich gewesen und hätte den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt. Wir hatten damals und Heute nur eine begrenzte Anzahl von Strahlenanzügen.
Herr Professor Teuffel, wir danken ihnen für das Gespräch.


Zurück in die Gegenwart

Ich befinde mich wieder in der Eingangshalle des Innenministeriums und es fällt mir schwer in die Gegenwart einzutauchen. Noch bin ich ganz verwirrt. Ich war von dem GAU vor 10 Jahren zwar selbst betroffen, aber mit solchen realistischen Szenen wie jetzt, hatte ich nicht gerechnet.

Ich höre immer noch das schrillen der Alarmglocken, die Explosion in der Schaltzentrale. In meiner Erinnerung die laienhaften ersten Reaktionen des Ministerpräsidenten, die Toten im Hofe des AKWs, verbeulte und ineinandergekeilte Autos, die vielen Menschen die panikartig ihre Häuser verließen und verstopfte Straßen. Den Lärm der Hubschrauber und das auf und ab der Sirenen von Feuerwehr, Polizei und Rettungswagen. Ich erlebte noch einmal die Hoffnung der Flüchtlinge in dem Aufnahmelagern, die nur das notwendigste mitnehmen konnten, dann die Enttäuschung auf eine baldige Rückkehr.

Erst einmal musste ich tief Luft holen, dann trat etwas Ruhe ein. Der freundliche Mann der mir die Einladung verschafft hatte kam auf mich zu und umarmte mich kurz. "Glauben Sie mir, ich weiß wie Sie sich fühlen. Wir werden Sie gut versorgen, bevor Sie berichten. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, was sich wirklich abspielte."

Als wir das Ministerium verließen, sah ich wieder die rot angemalte Mauer, auf denen gelb-schwarze Symbole angebracht waren und hatte nicht vergessen, warum Sie gebaut wurde. Sie begrenzte das auf Jahrzehnte nicht begehbare, verstrahlte Areal. Die Mauer war nicht zu überwinden und vollkommen abgesichert.

Ich schaute mich um, manche hatten einen gelben Punkt auf der Jacke. Er war mir vertraut, denn ich hatte auch so einen an der gleichen Stelle und wusste was das bedeutete: Du bist verstrahlt und darfst die Landesgrenze nicht verlassen. Der freundliche Mann nahm mich am Arm während ich ihm folgte.